
Trumps Team Manager, Ideologen, Fantasten
US-Präsident Trump hat sich mit loyalen Mitarbeitern umgeben, darunter Manager, Geschäftsfreunde, Ideologen und Fantasten. So unterschiedlich sie sind, läuft ihr Wirken auf die Zerstörung der Fundamente der USA hinaus.
Viele Beobachter fragen sich, was US-Präsident Donald Trump seit seiner zweiten Amtseinführung am 20. Januar eigentlich macht. Ist er Oligarch, Autokrat oder Monarch? Das renommierte US-Magazin The Atlantic hat dazu eine Theorie und wurde fündig beim deutschen Soziologen Max Weber. Der hatte Anfang des 20. Jahrhunderts die Anforderungen an einen effektiven Staat erforscht. Seine Erkenntnis: Dafür sind Regeln, Normen und Gesetze nötig. Also eine funktionierende Bürokratie, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten in den westlichen Staaten vorherrschte, jedoch heutzutage als zu schwerfällig kritisiert und auch als "tiefer Staat" geschmäht wird.
Weber hatte der Bürokratie den vormodernen Staat mit dem Patrimon, dem Alleinherrscher gegenübergestellt: als erweiterter Haushalt dieses Herrschers, als dessen persönliches Eigentum und Business. Für diesen Herrscher zählt nicht Fachwissen, sondern Loyalität und familiäre oder freundschaftliche Nähe. Er gibt sich als Beschützer von Staat und Volk.
Huldigungen für den Herrscher
Der Atlantic-Autor sieht darin eine passende Beschreibung für Trumps Regierungsstil, belegt zum Beispiel durch dessen Anspruch, über dem Recht zu stehen: "Wer sein Land rettet, verstößt nicht gegen das Gesetz."
Dieser Patrimonialismus und Demokratie schlössen sich nicht aus, zumindest für eine Weile. Der Atlantic-Autor verweist allerdings auf andere Staaten, in denen dieser Regierungsstil seit Längerem vorherrscht: Ungarn, Türkei, Indien, vor allem aber Russland. Wladimir Putin sei im Klub dieser Staaten der Boss aller Bosse, dem die anderen huldigen.
Auch dies fällt an Trumps Team auf: In Interviews loben dessen Mitglieder seine Aussagen und vermeiden tunlichst Kritik an ihm. So sehr sie sich unterscheiden, vom Manager im Hintergrund bis zum überspannten Effizienzbeauftragten Elon Musk, läuft ihre Arbeit darauf hinaus, innen- und außenpolitisch die Grundlagen der Weltmacht USA anzugreifen.
Manager
Zum Start seiner zweiten Amtszeit stellte Trump sicher, dass effiziente Manager aus dem Weißen Haus heraus seine Agenda durchsetzen. Dazu zählt Stabschefin Susie Wiles. Sie gilt als zurückhaltend, aber durchsetzungsstark.
Der Leiter des Haushaltsbüros im Weißen Haus, Russel "Russ" Vought, verbindet sein mächtiges Amt mit einer eigenen Agenda gegen den Verwaltungsapparat der USA. In einem Kapitel des berüchtigten Plans "Project 2025" der Heritage Foundation beschrieb der christlich geprägte Nationalist und Haushaltsfachmann, wie der "Deep State" zerschlagen und der Präsident mit maximaler Macht ausgestattet werden soll.
Dealmaker
Der Sonderbeauftragte Steve Witkoff, der in Nahost und mit Russland verhandelt, ist ein Beispiel für einen alten Freund Trumps, der ebenfalls im New Yorker Immobiliengeschäft tätig ist. Gelobt für sein unkonventionelles Vorgehen half er, den Waffenstillstand zwischen Hamas und Israel auszuhandeln, dies zusammen mit dem Sonderbeauftragten von Trumps Vorgänger Joe Biden.
Witkoff nutzt seine geschäftlichen Kontakte und verbindet die politischen Verhandlungen mit wirtschaftlichen Projekten, was jedoch Fragen nach persönlichen Interessenkonflikten aufwirft. In Zusammenhang mit Trumps Idee von Gaza als "Riviera des Nahen Ostens" sprach er davon, ein "Gipfeltreffen mit den wahrscheinlich größten Bauträgern im Nahen Osten abhalten" zu wollen. Es gehe dabei keineswegs um eine Vertreibung der Palästinenser aus Gaza. Nur wäre es "unpraktisch" für sie, während der zehn bis 15 Jahre dauernden Wiederaufbauphase dort zu leben.
Putin wiederum hat im Finanzmanager Kirill Dmitrijew den passenden Unterhändler für Witkoff gefunden, der den Immobilienmarkt in New York und dessen Sprache ebenfalls aus eigener Erfahrung als Investmentbanker kennt. Witkoff jedenfalls war in einem Interview mit dem Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson nicht nur voll des Lobes für Putin. Er gab auch dessen Sichtweisen zur Ukraine wieder und sprach von russisch-amerikanischen Wirtschaftsprojekten. So könne man den Europäern gemeinsam Gas liefern oder Künstliche Intelligenz zusammen entwickeln.
US-Staatsanleihen statt Dollar-Reserven?
Was sich in der Außenpolitik schon zeigt, wird noch klarer im Bereich Handel und Finanzen: Trumps Team verfolgt gegenüber den langjährigen Partnern der USA eine aggressive, auch feindliche Politik, um die eigene Wirtschaft zu stärken.
Ein grundlegendes Problem sehen US-Ökonomen in der Stärke der eigenen Währung: Da viele Staaten US-Dollar als Reservewährung halten, treibe dies dessen Wert in die Höhe und verstärke das enorme Leistungsbilanzdefizit der USA. Ein schwächerer Dollar könnte die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie verbessern und Exporte fördern.
Trump will aber nicht nur die heimische Industrie fördern, sondern auch die globale Rolle des Dollar erhalten. Eine Lösung schlug Stephen Miran, Vorsitzender des Wirtschaftsberatergremiums, in einem 2024 veröffentlichten Aufsatz vor: Die Staaten sollen ihre Dollar-Reserven in unbefristete US-Staatsanleihen umwandeln. Ein entsprechendes Abkommen soll nach dem Sitz Trumps in Florida, Mar-a-Lago, benannt werden.
Als Druckmittel könnten Zölle und Drohungen verwendet werden. Nur wer zu einem solchen Abkommen bereit wäre, würde noch als befreundeter Staat angesehen. Die Financial Times nannte diese Verknüpfung von Finanz- und Sicherheitspolitik schlicht "Schutzgelderpressung". Wirtschaftsexperten und Unternehmer warnen vor den negativen Folgen von Zollerhöhungen für die US-Wirtschaft.
Strategen
Andere Politiker in Trumps Team denken in klassischen geostrategischen Kategorien, allerdings nicht mehr wie beispielsweise der 2017 verstorbene Ex-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski. Er sah eine globale Dominanz der USA nur zusammen mit Europa. Dagegen vermitteln der Nationale Sicherheitsberater Michael Waltz und Außenminister Marco Rubio den Eindruck, als wollten sie Europa Russland überlassen, wenn Putin sich dafür von China lösen und auf die Seite der USA stellen würde.
Als Vorbild dienen der frühere US-Präsident Richard Nixon und der einstige Außenminister Henry Kissinger, die China der Sowjetunion abspenstig gemacht haben, allerdings ohne dabei Europa fallen zu lassen.
In der Kritik an den NATO-Alliierten weiß Trump allerdings große Teile der US-Bevölkerung hinter sich, wie New-York-Times-Korrespondent Mark Landler kürzlich im Podcast The Daily beschrieb. Die Europäer hätten in den vergangenen Jahrzehnten Urlaub von der Geschichte genommen und konnten Geld für Wirtschaft und Soziales ausgeben, das sie nicht in Sicherheit und Verteidigung investiert haben. Insofern sei Joe Biden als außenpolitischer Traditionalist und Verfechter für die NATO die Ausnahme gewesen, nicht Donald Trump.
Der Korrespondent hob jedoch die Vorteile der transatlantischen Partnerschaft für die USA hervor, die Trump offenbar aufgeben will. So erinnerte der Journalist an die Kriege in Afghanistan und anderswo, bei denen die Verbündeten zu Hilfe gekommen seien. US-Unternehmen hätten von bilateralen Investitionen und vom Handel profitiert. Vorteilhafte Handelsvereinbarungen mit Europa hätten auch zum Wohlstand in den USA beigetragen.
Ideologen
Trump zieht solchen Bündnissen und Win-win-Situationen Deals mit Autokraten vor. Eine starke Europäische Union mit ihren Regularien steht nicht zuletzt den Unternehmern und Finanziers aus dem Silicon Valley im Weg, die sich auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn Algorithmen sozialer Medien Hass und Hetze fördern. Entsprechend behauptete US-Vizepräsident JD Vance bei der Sicherheitskonferenz in München, dass die freie Rede in Europa in Gefahr sei. Das sei besorgniserregender als die Bedrohungen durch Russland und China.
Vance zählt zu den ideologisch motivierten Akteuren um Trump, der Migration beenden und einen "postliberalen" Regimewechsel in den USA vollziehen will. Im Wahlkampf wurde er gefragt, wie er diesen Wandel bewerkstelligen wolle. In seiner Antwort verwies er auf Curtis Yarvin. Der lange nur in sehr rechten Kreisen bekannte Blogger will den Verwaltungsstaat durch eine Art Monarchie oder Unternehmen ersetzen, mit dem Präsidenten als Konzernchef.
In einem Eintrag auf seinem Blog "Gray Mirror" vom Januar 2022 gab er Ratschläge für den Umgang mit Europa mit dem Untertitel: "Gebt Russland auf dem Kontinent freie Hand." Er verband außen- und innenpolitische Ziele: Wenn Trump Europa aufgebe, werde dies "die Niederlage des Liberalismus auf dem Kontinent garantieren. Hier in Amerika wird dies Liberalen und Konservativen gleichermaßen zeigen, dass der Liberalismus tödlich ist - mit gigantischen Auswirkungen auf die Moral beider Seiten."
Fantasten
Als Anführer, der die USA in ein Unternehmen umwandeln soll, schlug Yarvin einmal Elon Musk vor, der mit seiner Effizienzbehörde DOGE derzeit für Entlassungen in US-Bundesbehörden sorgt.
Doch Musk denkt wie andere Internet-Milliardäre weit über die Gegenwart hinaus. Ihre Pläne kreisen um das Überleben nach einem Weltuntergang, ob in virtuellen Welten oder auf dem Mars. Vor diesen Fantasien der "Tech-Bros" mit ihrer Nähe zur Macht in Washington warnt der New Yorker Autor Douglas Rushkoff: Für sie seien die Erde und die Menschen nur der Treibstoff, um von dem Planeten zu fliehen, zu dessen Unbewohnbarkeit sie selbst beitrügen, sagte der US-Medienforscher kürzlich bei der Vorstellung seines Buchs "Survival of the Richest" in Berlin.
Rushkoff gab zu, dass sich in seiner Analyse der Gegenwart Parallelen zu den Feststellungen von MAGA-Denkern wie Steve Bannon ergeben. Jedoch kommt er zu ganz anderen Schlüssen. Sein Plädoyer zielte schlicht auf Zwischenmenschlichkeit auch außerhalb des eigenen Familien- und Freundeskreises: Wenn er ein Loch in seine Wand bohren wolle, müsse er nicht extra einen Akkubohrer kaufen, der ohnehin schnell kaputtgehe. Er könne auch seinen als Handwerker arbeitenden Nachbarn um Hilfe bitten und ihn zum Dank zum Barbecue einladen.
Zerstörung
Es wäre im Kleinen ein Gegenmittel zu Trumps Regierungspolitik, von der sich nach zwei Monaten Amtszeit abzeichnet, dass sie die Gesellschaft weiter auseinandertreibt und die Fundamente der Weltmacht USA nach innen und außen erschüttert, vielleicht sogar zerstört.
Doch was wird aus dem mächtigsten Staat der Welt? Der Atlantic-Autor verweist darauf, dass von Alleinherrschern geführte Staaten an erheblichen Mängeln leiden: Inkompetenz sei das eine, Korruption das andere. Deshalb seien solche Staaten im Umgang mit den komplexen Herausforderungen der Gegenwart letztlich anderen Staaten mit effizienten Verwaltungsapparaten und fähigen Fachleuten unterlegen.