Nach Entscheidung in Colorado Darf Trump bei den Vorwahlen antreten oder nicht?
In Michigan darf Trump bei den Vorwahlen antreten, in Colorado hingegen nicht - nach den unterschiedlichen Einschätzungen der US-Gerichte bleibt die Frage: Wer kann über die Eignung eines Präsidentschaftskandidaten entscheiden?
Es war im Jahre 1866 - ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkriegs - da wurde die Verfassung der Vereinigten Staaten um einen 14. Zusatz erweitert. Niemand, der aktiv an einem Aufstand oder an einer Revolte gegen die US-Regierung beteiligt war, darf sich demnach für hohe Staatsämter bewerben. Damals ging es darum, zu verhindern, dass frühere Südstaaten-Aufständische, die eine Abspaltung der Sklaverei-Staaten betrieben hatten, weiter politisch aktiv sein konnten.
Ist auch Donald Trump ein solcher Aufständischer, ein Rebell, der einen Staatsstreich versucht hat? Ron Fein, einer der Anwälte, die Trump in Michigan von den Wahlzetteln der Vorwahlen streichen lassen wollten, hat keinerlei Zweifel. Es sei offensichtlich und für jeden im Fernsehen zu verfolgen gewesen, dass Trump sich am 6. Januar 2021 an einem Aufstand beteiligt hat, erklärt Fein auf CNN mit Blick auf den Sturm auf das US-Kapitol.
US Supreme Court könnte Zuständigkeit klären
Allerdings ist Trump nie wegen der Beteiligung an oder dem Anzetteln einer Revolte rechtskräftig verurteilt worden. Wer also hat die Autorität, Trumps Schuld festzustellen? Colorado ist bisher der einzige Bundesstaat, in dem sich das Oberste Gericht für zuständig erklärt hat.
Dave Williams, der Vorsitzende der Republikanischen Partei in Colorado, findet das absurd. Er kündigte auf CNN an: "Wir werden alles daran setzen, das Recht der Wähler, Trump zu wählen - wenn sie es denn wollen - zu verteidigen."
Das Oberste Gericht von Colorado hat seine Entscheidung ausgesetzt. Damit kann nun der US Supreme Court, das oberste Verfassungsgericht in Washington, die Zuständigkeitsfrage klären.
Suche nach einer einheitlichen Entscheidung
Marc Brewer ist einer der Klägeranwälte in Michigan. In dem US-Bundesstaat darf Trump sich in den Vorwahlen zur Wahl stellen. Brewer begrüßt das Vorgehen, die Zuständigkeitsfrage vom Supreme Court klären zu lassen: "Wir brauchen dringend eine einheitliche Entscheidung, die dann für sämtliche Staaten gilt", so Brewer. Andernfalls entstehe ein verwirrender Flickenteppich unterschiedlicher Einschätzungen.
Entsprechend wird in den USA spekuliert, wie die Obersten Richter den "Aufständischen-Passus" interpretieren: Können die Bundesstaaten einzeln entscheiden, ob ein Bewerber ungeeignet ist für die Präsidentschaftskandidatur? Oder urteilt der Kongress in Washington, dem der 14. Verfassungszusatz ausdrücklich die Kompetenz zuschreibt, seine Einhaltung durchzusetzen?
Oder genoss Trump sogar Immunität?
Sollte der Kongress zuständig sein, wäre das wohl eine gute Nachricht für Trump. Das Parlament hatte ihn in seinem zweiten Amtsenthebungsverfahren wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol freigesprochen.
Neben der Zuständigkeitsfrage muss der Supreme Court auch entscheiden, ob Trump am 6. Januar 2021 Immunität genoss. Denn zu diesem Zeitpunkt war Trump noch Präsident der USA. Dann wäre der 77-Jährige ohnehin aus dem Schneider.
Wie man die komplexe Materie also dreht und wendet, der Ball liegt vorerst im Spielfeld des Obersten Gerichtshofes in Washington.