Gruppenbild der Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsstaaten auf dem 75. NATO-Gipfel
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Jubiläumstreffen in Washington Das sind die Beschlüsse des NATO-Gipfels

Stand: 11.07.2024 11:21 Uhr

Ein Ukraine-Kommando in Wiesbaden, neue Finanzhilfen und Waffen für Kiew und eine härtere Gangart gegenüber China - die NATO hat bei ihrem Jubiläumsgipfel zahlreiche Entscheidungen getroffen. Ein Überblick.

Die NATO rüstet sich im 75. Jahr ihres Bestehens für angespannte Zeiten: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine macht vor allem den osteuropäischen Bündnisstaaten große Sorgen, und auch eine Eskalation der Spannungen mit China ist nicht ausgeschlossen. Auf ihrem Jubiläumsgipfel in Washington wollen die 32 Alliierten nun vorsorgen. So wurde eine Reihe von Beschlüssen gefasst:

"Trump-sichere" Unterstützung für die Ukraine

Die NATO koordiniert künftig von Wiesbaden aus Waffenlieferungen und die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte. Das ist einer der wichtigsten Beschlüsse des Gipfels. Das Kommando hat ein Drei-Sterne-General, dem 700 Kräfte unterstehen. Der Einsatz soll am Freitag beginnen und dann nach und nach bislang von den USA wahrgenommene Aufgaben übernehmen.

Das Projekt gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt ab Januar 2025. Denn damit übernehmen die Europäer mehr Verantwortung von den USA. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter unterstützen werden.

Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

Weitere Waffen- und Finanzhilfen

In der Gipfelerklärung wird der Ukraine zugesichert, dass sie auch innerhalb des nächsten Jahres wieder Militärhilfen im Wert von mindestens 40 Milliarden Euro erhält. Das ist in etwa der Betrag, der auch im vergangenen Jahr mobilisiert werden konnte.

Ab dem NATO-Gipfel in Den Haag im kommenden Jahr wollen die Mitgliedsländer die Zusagen überprüfen. Deutschland hat für das laufende Jahr bereits acht Milliarden Euro zugesagt und sein Soll daher vorerst erfüllt.

Vassili Golod, ARD Kiew, zur ukrainischen Perspektive auf den NATO-Gipfel

tagesschau24, 11.07.2024 09:00 Uhr

Zudem erhält Kiew weitere Waffen: Die Ukraine soll noch "in diesem Sommer einsatzbereite F-16"-Kampfjets zur Verfügung haben, wie Dänemark und die Niederlande verkündeten. Sie hatten vor gut einem Jahr eine Kampfjet-Koalition gebildet, die Lieferungen hatten sich aber verzögert.

Die USA sagten der Ukraine auch ein weiteres "Patriot"-Flugabwehrsystem zu. Damit bekommt Kiew von der NATO insgesamt fünf weitere Systeme zur Verteidigung gegen russische Angriffe, zwei weniger als von Selenskyj gefordert. Deutschland hat bereits eine dritte "Patriot"-Batterie geliefert, die in die neuen Lieferungen eingerechnet ist.

Kiews Weg in die NATO nun "unumkehrbar"

Beim Streitthema NATO-Beitrittsperspektive gibt es einen Kompromiss. Das Bündnis sichert der von Russland angegriffenen Ukraine zu, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann. In der Abschlusserklärung wird der Pfad zur Mitgliedschaft als unumkehrbar bezeichnet.

Zugleich wird noch einmal betont, dass eine formelle Einladung zum Beitritt erst ausgesprochen werden kann, wenn alle Alliierten zustimmen und alle Aufnahmebedingungen erfüllt sind. Dazu zählen Reformen im Bereich der Demokratie und Wirtschaft sowie des Sicherheitssektors.

US-Raketen kommen nach Deutschland

Am Rande des Gipfels kündigten die USA an, ab 2026 wieder Marschflugkörper in Deutschland zu stationieren - zunächst "zeitweilig", später "dauerhaft". Darunter sollen "Tomahawk"-Mittelstreckenraketen mit deutlich mehr als 2.000 Kilometern Reichweite, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Überschallwaffen für einen besseren Schutz der NATO-Verbündeten in Europa sein. Wo genau die Waffen stationiert werden, blieb offen.

Klare Kante gegenüber Peking

Die NATO-Länder einigten sich zudem auf eine schärfere Sprache gegenüber China. Sie äußerten sich in ihrer Erklärung "tief besorgt" über das Verhältnis zu Russland und nannten China einen "entscheidenden Beihelfer" im russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Peking hat den Krieg bisher nicht verurteilt und liefert weiter zivil wie militärisch nutzbare Güter an Moskau.

China könne den größten Krieg der jüngeren Geschichte in Europa nicht ermöglichen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf seine Interessen und seinen Ruf habe, heißt es in der Erklärung.

Neue Abwehr gegen Cyber-Bedrohungen

Um die NATO besser gegen Hackerangriffe oder Desinformationskampagnen zu wappnen, wird ein neues Zentrum für Integrierte Cyberabwehr aufgebaut. Es soll unter anderem zur Verbesserung des Netzwerkschutzes und des Lagebilds beitragen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. Juli 2024 um 12:00 Uhr.