Gewalt in Haiti Banden greifen offenbar Regierungsgebäude an
Haitis mächtige Banden wollen die Interimsregierung stürzen. Wegen der Gewalt kann der Regierungschef von einer Auslandsreise nicht zurückkehren. Nun wurde laut Medien der Nationalpalast angegriffen.
Kriminelle Banden beherrschen seit Tagen Haitis Hauptstadt Port-au-Prince. Nun haben sie Medienberichten zufolge auch Gebäude im Regierungsviertel der Stadt angegriffen - darunter den Nationalpalast, das Innenministerium und ein regionales Hauptquartier der Polizei.
Die Nachrichtenagentur EFE berichtete von Schüsse in der Gegend des Nationalpalastes, auch in den sozialen Medien gab es entsprechende Berichte.
Tausende Häftlinge aus Gefängnissen ausgebrochen
Bereits seit einer Woche eskaliert die Gewalt in Port-au-Prince. Polizeiwachen wurden angegriffen, auch am Flughafen fielen Schüsse - alle Flüge fielen aus. Das Gesundheitssystem steht nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, am Rande des Zusammenbruchs. Bei Angriffen auf zwei Gefängnisse vergangenen Samstag waren ihm zufolge mehr als 4.500 Häftlinge ausgebrochen.
Weiteren Medienberichten zufolge kann sich die notorisch unterbesetzte Polizei den Banden kaum noch entgegenstellen und zeigt kaum noch Präsenz auf den Straßen.
Banden schließen sich zusammen
Die humanitäre Lage in Haiti war schon zuvor sehr kritisch. Laut UN leidet fast die Hälfte der elf Millionen Bewohner des Karibikstaats unter akutem Hunger, verschiedene brutal agierende Banden kontrollierten insgesamt rund 80 Prozent von Port-au-Prince.
Nun schlossen sich die zwei wichtigsten bewaffneten Gruppen zusammen. Ihr Anführer, Jimmy "Barbecue" Chérizier, drohte mit einem Bürgerkrieg, wenn Interims-Premierminister Ariel Henry nicht zurücktrete, der eigentlich Anfang Februar aus dem Amt scheiden sollte. Henry hatte sich stattdessen Ende Februar mit der Opposition darauf verständigt, bis zu Neuwahlen "innerhalb von zwölf Monaten" gemeinsam zu regieren.
Interims-Regierungschef noch im Ausland
Eine Auslandsreise Henrys hatten Banden genutzt, um das Land weiter in die Gewalt zu stürzen. Von der Reise konnte Henry offenbar bisher immer noch nicht zurückkehren. Da der Flughafen von Port-au-Prince nicht angeflogen werden konnte, musste Henry vor wenigen Tagen im Karibikstaat Puerto Rico landen, wie die dortigen Behörden bestätigten. Es wurde erwartet, dass er in die Dominikanische Republik weiterreist, um von dort nach Haiti zu gelangen. Seit knapp einer Woche gelten in der Hauptstadt der Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre.
In Haiti hat es seit 2016 keine Wahlen mehr gegeben. Der Posten des Präsidenten ist seit der Ermordung von Jovenel Moïse im Jahr 2021 vakant.