Machtkampf in Guatemala Setzt der "Pakt der Korrupten" Arévalo schachmatt?
Bernardo Arévalo mag als neuer Präsident von den Wählern in Guatemala gefeiert werden. Doch ihm steht eine große Herausforderung bevor: Der sogenannte Pakt der Korrupten hat ihm den Kampf angesagt - das Netzwerk ist gefürchtet.
Es waren widersprüchliche Entscheidungen, die das Oberste Wahlgericht vor wenigen Tagen getroffen hat. Zum einen wurde Bernardo Arévalo als Gewinner der Stichwahl offiziell bestätigt. Fast gleichzeitig wurde jedoch seine Partei Movimiento Semilla vorläufig suspendiert.
"Damit ist sie nicht mehr arbeitsfähig", kritisiert ein Politologe aus Guatemala, der anonym bleiben will. "Die Suspendierung des Movimiento Semilla reiht sich ein in Angriffe auf demokratische Akteure, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten", sagt er. Es bleibe eine Konstante, auch kurz nach den Wahlen. "Das Motiv, die Partei zu suspendieren, ist die juristische Ausschaltung von Semilla."
Viele erfuhren bereits Repressalien
Arévalos Partei war vor rund fünf Jahren während der damaligen Antikorruptionsproteste entstanden. Die Suspendierung von Semilla sei illegal und verfassungswidrig, meint der Politologe. Während der Wahlperiode dürfe keine Partei ausgeschlossen werden. Er selbst befürchtet Repressalien für seine Kritik an der derzeit herrschenden Elite - dem sogenannten Pakt der Korrupten.
Es ist ein einflussreiches Netzwerk aus Militärs, Politikern, Unternehmern und dem organisierten Verbrechen, das die eigentliche Macht im Land hat. Der Wissenschaftler will deswegen nicht namentlich genannt werden. Unbequeme Richter, Staatsanwälte, Journalisten sahen sich in den letzten Jahren gezwungen das Land zu verlassen. Der Politologe will bleiben.
Kaum Verbündete im Kongress
Das Bürgerregister des Obersten Gerichtshofes hatte vor wenigen Tagen den Rechtsstatus der Partei Arévalos wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei der Gründung vorläufig suspendiert. Der Beschluss beruht auf einem Antrag des Staatsanwalts Rafael Curruchiche und der Entscheidung des Richters Fredy Orellano. Beide stehen in den USA auf der Liste korrupter und antidemokratischer Persönlichkeiten.
Mitte Januar soll der neue Präsident Guatemalas eigentlich sein Amt antreten. Doch würde die Suspendierung von Semilla aufrechterhalten, würden seine Abgeordneten weder eine Fraktion bilden, noch Ausschüsse anführen können. Der neue Präsident wäre damit ein zahnloser Tiger.
"Derzeit ist die Justiz von der Mafia besetzt", sagt der Politologe. Es herrsche absolute Straflosigkeit. "Und wenn es keine Allianzen im Kongress gibt, sich dem Kampf gegen die Korruption anzuschließen, dann wird dieser Kampf auf einer sehr theoretischen Ebene geführt und hätte wenig Reichweite." Verbündete wird Arévalo im Kongress kaum finden. Die Widerstände sind groß. Zuletzt hatte Arévalos Team sogar ernstzunehmende Attentatspläne gegen ihn gemeldet.
Nachbarstaaten sind in Sorge
Angesichts dieser Tatsache äußerte der permanente Rat der Organisation Amerikanischer Staaten OAS seine tiefe Sorge. Die Gewaltenteilung für die Ausübung der Demokratie sei von wesentlicher Bedeutung, appellierte der chilenische Botschafter Sebastián Kraljevich in einer Erklärung der OAS. Es sei nicht akzeptabel, dass das Rechtssystems als Instrument zur Einschüchterung und zur unrechtmäßigen Aussetzung der bürgerlichen und politischen Rechte eingesetzt werde. Der Generalsekretär der OAS, Luis Almagro, plant für die kommende Woche eine Reise in das mittelamerikanische Land, um den Beginn des Transitionsprozess zu begleiten.
Zum Abschluss der Sitzung betonte der durch die Sitzung führende Botschafter von Honduras: "Wir haben nicht nur für die Erklärung einen Konsens gefunden, sondern auch Einigkeit darüber herrscht, dass die Transition demokratisch, in Frieden und den Willen des guatemaltekischen Volkes respektierend vonstattengehen muss. Das wünschen wir dem guatemaltekischen Volk."