Präsidentenwahl in Ecuador Linkspolitikerin González liegt vorn
Bei der Präsidentenwahl in Ecuador zeichnet sich eine Stichwahl zwischen der Linkspolitikerin González und dem Bananen-Unternehmer Noboa ab. Nach dem Mord an einem Kandidaten war die Stimmung am Wahltag ruhig, aber angespannt.
Überschattet von dem Mord an einem Kandidaten und unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen hat Ecuador über einen neuen Präsidenten abgestimmt. Ersten Prognosen vom Sonntagabend (Ortszeit) zufolge lag die linksgerichtete Kandidatin Luisa González bei der ersten Runde vor dem Herausforderer Daniel Noboa.
Nach Auszählung von 75 Prozent der Stimmen kommt sie auf 33 Prozent, wie die Wahlbehörde mitteilte. Der rechtsgerichtete Kandidat Noboa holte demnach 24 Prozent der Stimmen. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, müsste González am 15. Oktober in einer Stichwahl gegen den Bananen-Unternehmer Noboa antreten.
"Wir schreiben Geschichte"
"Wir feiern, weil wir Geschichte schreiben, obwohl so viele von uns ignoriert wurden. Heute beginnen wir, eine andere Geschichte zu zeichnen", sagte González vor Anhängern bei einer Veranstaltung im Süden der Hauptstadt Quito. Sie gilt als Schützling des wegen Korruption verurteilten Ex-Präsidenten Rafael Correa.
Der 35-jährige Noboa erkärte, das ecuadorianische Volk habe gewonnen. "Der Kandidat der Jugend, der Menschen, die Hoffnung suchen, die Ecuador verändern wollen, hat gesiegt." Er freue sich auf die Stichwahl gegen González.
Stimmung ruhig, aber angespannt
Der Tag der Demokratie sei dank der gemeinsamen Arbeit der Streitkräfte, der Polizei sowie mehr als 40.000 Wahlhelfern völlig ruhig und in Frieden abgelaufen, sagte die Vorsitzende der Wahlbehörde des südamerikanischen Landes, Diana Atamaint, zum Start der Auszählung am Sonntagabend.
Rund zehn Tage nach der Ermordung des Oppositionskandidaten Fernando Villavicencio war die Lage zwar ruhig, aber sehr angespannt, wie der politische Analyst Andrés González der Nachrichtenagentur dpa sagte. "Die Wahlen sind jetzt plötzlich eine gefährliche Veranstaltung, es herrscht ein Klima der Angst", sagt der Experte. "Für uns ist diese Situation fremd. Es war noch nie so, dass man sich fürchten musste, wenn man in ein Wahllokal geht."
Wählende würden sich unsicher umschauen, verdächtige Autos kontrolliert. Kandidaten gingen mit kugelsicheren Westen und umringt von Sicherheitskräften zum Wählen, das Militär zeigte mit Zehntausenden Soldaten in den Straßen und in Wahllokalen verstärkte Präsenz.
Oppositionspolitiker getötet
Der Oppositionspolitiker Villavicencio, dessen Name immer noch auf den Wahlzetteln stand, war vor eineinhalb Wochen nach einer Wahlkampfveranstaltung in Quito erschossen worden. Die Regierung machte das Organisierte Verbrechen für die Tat verantwortlich. Die Partei Construye (Baue) präsentierte den Journalisten Zurita als neuen Kandidaten.
Ecuador dient als Transitland für Kokain, Verbrechersyndikate kämpfen um die Routen für den Drogenhandel. Villavicencio hatte angekündigt, hart gegen Korruption und Kriminalität durchgreifen zu wollen.
Die vorgezogenen Präsidenten- und Parlamentswahlen waren notwendig geworden, weil der konservative Staatschef Guillermo Lasso inmitten eines Amtsenthebungsverfahrens wegen mutmaßlicher Unterschlagung gegen ihn die Nationalversammlung aufgelöst hatte.