Trauerfeier für Villavicencio in Quito "Demokratie mit Kugeln durchsiebt"
Bei einer Trauerfeier in Ecuador haben sich Hunderte Menschen von Villavicencio verabschiedet. Der Präsidentschaftskandidat wurde vor drei Tagen erschossen. Die Gewalt geht offenbar weiter: In Los Rios wurde eine Politikerin angeschossen.
In Ecuador haben Hunderte Menschen mit einer Trauerfeier von dem ermordeten Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio Abschied genommen. "Vorgestern haben sie die Demokratie mit Kugeln durchsiebt, vorgestern haben sie einen Teil des Kampfes gegen die Korruption verstümmelt", sagte Villavicencios Wahlkampfleiter Antonio López bei der Zeremonie in einem Kongresszentrum im Norden der Hauptstadt Quito.
An den Wänden waren großformatige Bilder des ehemaligen Journalisten angebracht, der mutmaßlich von Angehörigen einer organisierten kriminellen Bande erschossen worden war. "Meine Macht liegt in der Verfassung" war auf einer symbolischen Präsidentenschärpe zu lesen, die auf dem mit der ecuadorianischen Flagge bedeckten Sarg drapiert war.
Auf einem Großbildschirm wurden Videos vom Wahlkampf des getöteten Kandidaten gezeigt, der bei der für den 20. August angesetzten Präsidentschaftswahlen Umfragen zufolge in der Wählergunst an zweiter Stelle lag.
Viele der Angehörigen und Unterstützer zeigten sich bei der Trauerfeier kämpferisch.
Festnahme von sechs Kolumbianern
Der ehemalige Abgeordnete Villavicencio, der sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hatte, kandidierte zum ersten Mal für das Amt des Präsidenten. Er wurde am Mittwochabend nach einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Weg zu seinem Auto erschossen. Nach dem Attentat wurden sechs Kolumbianer festgenommen. Ein siebter Angreifer war von den Sicherheitskräften erschossen worden.
In der Woche vor seinem Tod hatte Villavicencio mehrmals über ernste Drohungen gegen ihn und sein Wahlkampfteam geklagt - und stand deshalb unter Polizeischutz. Villavicencio erklärte, eine Drohung des Anführers der kriminellen Bande "Los Choneros" bekommen zu haben, der derzeit im Gefängnis sitzt. Die Gruppe steht mit dem organisierten Drogenhandel in Verbindung.
Erneut Politikerin angeschossen
Nur einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf Villavicencio wurde offenbar auf eine Parlamentskandidatin geschossen. Estefany Puente erklärte, sie sei bei einem Schusswechsel leicht verletzt worden. Sie sei beim Autofahren in der Stadt Quevedo angegriffen worden. Die Politikerin, die für einen Sitz in der Provinz Los Rios kandidiert, sagte am Freitag zudem, sie hätte zuvor keine Drohungen erhalten.
Erst im April hatte Ecuadors Präsident Guillermo Lasso die Waffengesetze gelockert und den Bürgern das Tragen von Waffen erlaubt. Das Land kämpft mit Kriminalität und alltäglicher Gewalt. Allein in den Gefängnissen wurden bei Auseinandersetzungen Hunderte Häftlinge getötet. Die Regierung macht dafür vor allem die Drogenkartelle verantwortlich.