Israel-Reise am Mittwoch Eine Gratwanderung für Biden
US-Präsident Biden will morgen nach Israel reisen - sicherheitstechnisch, aber auch politisch ein Besuch nicht ohne Risiko. Für Biden wird es immer schwieriger, die anfangs betonte uneingeschränkte Unterstützung Israels durchzuhalten.
Seit Beginn des neuen Kriegs unterstützt Joe Biden Israel mit Nachdruck. Israel müsse sich verteidigen, so der US-Präsident auch im jüngsten Interview mit dem Fernsehsender CBS. Das Verhalten der Hamas sei "nicht einmal mehr menschlich, sondern pure Barbarei".
Doch inzwischen mischen sich mit Blick auf die Lage im Gazastreifen immer mehr vorsichtige, mahnende Töne Richtung Israel in Bidens Stellungnahmen. Mehrfach betonte er bei CBS, der Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen müsse gesichert sein: "Ich bin zuversichtlich, dass Israel im Einklang mit den Regeln des Krieges vorgehen wird. Es gibt Standards, an die sich demokratische Institutionen und Länder halten", so der Präsident. Er sei sicher, dass den Unschuldigen im Gazastreifen der Zugang zu Medizin, Nahrungsmitteln und Wasser ermöglicht werde.
"Weg zu einem palästinensischen Staat"
Biden hat zusätzlich zu Außenminister Antony Blinken einen neuen Sonderbotschafter für humanitäre Hilfe in die Region entsandt, den Diplomaten David Satterfield. Und der US-Präsident hat Israel überraschend deutlich davor gewarnt, den Gazastreifen, wie es bis 2005 der Fall war, erneut zu besetzen: "Ich denke, das wäre ein großer Fehler", so Biden.
Zum ersten Mal sprach er damit öffentlich über die Zeit nach der israelischen Gegenoffensive. Dass die USA über viele Jahre hinweg den Kern des Nahostkonflikts - einen Ausgleich zwischen Israel und den Palästinensern - vernachlässigt haben, wird nun immer lauter kritisiert.
Das habe sich als Fehler erwiesen, sagt etwa Leon Panetta, der unter Präsident Barack Obama CIA-Direktor und Verteidigungsminister war: "Am Ende müssen wir, unabhängig vom Ausgang dieses Krieges, ein friedliche Lösung finden für die Frage, wie Palästinenser, Israelis und Araber alle in diesem Teil der Welt zusammenleben", so Panetta bei CNN.
Biden formulierte es im Interview so: "Es muss einen Weg zu einem palästinensischen Staat geben."
Biden vertraut auf Stärke der USA
Politisch ist der neue Krieg in Nahost für Joe Biden Chance und Risiko zugleich. Das gilt für den für morgen angekündigten Besuch in Israel, aber auch langfristig. Einerseits hat Biden - wie nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine - die Chance, mit seiner außenpolitischen Erfahrung zu punkten. Andererseits war die Gefahr des Scheiterns von Vermittlungsversuchen in Nahost schon immer groß.
Und sowohl für die künftige Ukraine-Hilfe als auch für zusätzliche Gelder für Israel ist Biden auf den Kongress angewiesen. Noch haben die Republikaner im Repräsentantenhaus keinen neuen Vorsitzenden, der das Parlament wieder handlungsfähig macht. Auf die Frage, ob die USA beide Kriege - Ukraine und Nahost - auf einmal bewältigen können, meinte Biden jedenfalls empört:
Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika, Herrgott nochmal - das mächtigste Land der Weltgeschichte. Wir können uns um beides kümmern und gleichzeitig die eigene Verteidigungsfähigkeit erhalten.