Start des Klimagipfels "Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens"
UN-Generalsekretär Guterres hat die Situation des Planeten in drastischen Bildern geschildert: "Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle", sagte er zum Auftakt der Klimakonferenz und forderte einen Solidarpakt für den Kampf ums Überleben.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat mit drastischen Worten vor den Folgen der Erderwärmung gewarnt und die Staaten zum Handeln aufgefordert. Auf der Weltklimakonferenz COP27 in Sharm El-Sheikh sagte Guterres mit Blick auf die durch die Klimakrise ausgelösten Dürren, Überschwemmungen, Unwetter und steigende Meeresspiegel: "Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens - und sind dabei zu verlieren".
Die Menschheit habe die Wahl: kooperieren oder untergehen, sagte Guterres. Trotz jahrzehntelanger Klimagespräche seien zu wenige Fortschritte gemacht worden, um den Planeten vor einer übermäßigen Erwärmung zu retten. Die Länder handelten zu langsam oder nur widerwillig. "Die Treibhausgasemissionen steigen weiter. Die globalen Temperaturen steigen weiter. Und unser Planet nähert sich schnell Wendepunkten, die das Klimachaos unumkehrbar machen werden", sagte er.
Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle und haben den Fuß auf dem Gaspedal.
Pakt zwischen reichen und armen Ländern gefordert
Guterres forderte einen Pakt zwischen den reichsten und ärmsten Ländern der Erde, um den Übergang von fossilen Brennstoffen zu klimafreundlichen Energien zu beschleunigen. Auch müsse sichergestellt werden, dass ärmere Länder ihre Emissionen reduzieren und mit den unvermeidlichen Auswirkungen der bereits eingetretenen Erderwärmung fertig werden können. Guterres richtete sich auch direkt an die größten Erzeuger von Treibhausgasen: "Die beiden größten Volkswirtschaften - die USA und China - haben eine besondere Verantwortung, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass dieser Pakt Wirklichkeit wird."
Große Erwartungen an das Treffen
Die Rede des UN-Generalsekretärs bildete den Auftakt zu dem zweiwöchigen Treffen. Ägypten richtet den Gipfel aus. Präsident Abdel Fattah al-Sisi sagte, es gebe große Erwartungen für gute Ergebnisse. "Millionen Menschen rund um den Planeten haben ihre Blicke auf uns gerichtet." Die Konsequenzen durch klimabedingte Wetterereignisse seien nie so verheerend gewesen wie heute. "Wir haben eine Katastrophe nach der anderen erlebt. Sobald wir eine Katastrophe bewältigen, entsteht eine andere - Welle für Welle." Die Erde habe sich in eine "Welt des Leids" verwandelt, sagte al-Sisi.
Zahlreiche Staats- und Regierungschefs beraten bei der Weltklimakonferenz in Sharm El-Sheikh über die nächsten Schritte im Kampf gegen die Erderwärmung, darunter auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der neue britische Premierminister Rishi Sunak und US-Präsident Joe Biden.
Auch eine Rede von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist geplant. Auf Twitter schrieb sie: "Wir stehen vor vielen Herausforderungen, aber der Klimawandel ist die größte." Bei der COP27 gehe es darum, gegebene Versprechen umzusetzen. "Wir müssen alles tun, was wir können, um 1,5 Grad in Reichweite zu halten."
WTO pocht auf Liberalisierungen im Handel
Die Welthandelsorganisation (WTO) schlug vor, den CO2-Fußabdruck des globalen Handels durch niedrigere Zölle und klimafreundlicheren Warentransport zu reduzieren. Die Liberalisierung des Handels mit nachhaltiger Energietechnologie und umweltfreundlichen Produkten könne den weltweiten Ausstoß des Treibhausgases CO2 um rund 0,6 Prozent verringern, errechnete die WTO in ihrem diesjährigen Welthandelsbericht, der bei der COP27 vorgestellt wurde.
"Handel ist einer der fehlenden Puzzlesteine für ehrgeizigere und wirksamere Klimaschutzmaßnahmen", sagte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala. Der Bericht hob hervor, dass die Produktion und der Transport von Exportgütern für knapp 30 Prozent des weltweiten Ausstoßes an CO2 verantwortlich seien.
Insgesamt sind in Sharm El-Sheikh mehr als 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Der chinesische Präsident Xi Jinping und der indische Premierminister Narendra Modi sagten ihre Teilnahme ab, was Zweifel daran aufkommen ließ, ob die Gespräche ohne zwei der größten Umweltverschmutzer der Welt zu weiteren Vereinbarungen zur Emissionssenkung führen könnten.
Keine Aufstockung des deutschen Beitrags
Die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) erteilte vor der Abreise des Bundeskanzlers einer weiteren Aufstockung des deutschen Beitrags zur internationalen Klimafinanzierung eine Absage. Deutschland habe seine internationale Klimafinanzierung bereits "auf ein Höchstniveau angehoben", sagte die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Beim Gipfel der G7-Gruppe habe der Kanzler zugesagt, diese Summe bis 2025 auf jährlich mindestens sechs Milliarden Euro zu steigern, erläuterte die Grünen-Politikerin. Die Hälfte davon gehe in Klimaschutz, die andere in Anpassungen an die Klimakrise. "Damit entsprechen wir den berechtigten Forderungen des globalen Südens", betonte Brantner.