Tunesien Oppositionspolitiker Ghannouchi festgenommen
In Tunesien wächst der Druck auf die Opposition: Nach einer Hausdurchsuchung nahm die Polizei den 81-jährigen Ghannouchi fest. Der Chef der islamischen Ennahda-Partei hatte Präsident Saied immer wieder kritisiert.
In Tunesien hat die Polizei den führenden Oppositionspolitiker Rachid Ghannouchi festgenommen. Der Vorsitzende der islamischen Ennahda-Partei sei an einen unbekannten Ort gebracht worden, teilte die Partei mit. Die Ennahda sprach von einer "sehr gefährlichen Entwicklung", die sie verurteile. Mit der Festnahme Ghannouchis hat die Verhaftungswelle von Oppositionellen einen neuen Höhepunkt erreicht.
Ein ranghoher Polizeibeamter sagte, Ghannouchi sei zum Verhör vorgeladen und sein Haus durchsucht worden. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen ihn wegen "aufrührerischer Äußerungen".
Tunesische Medien berichteten, der Oppositionspolitiker sei zu einem Video befragt worden, in dem er vor einem Bürgerkrieg gewarnt haben soll. Der 81-Jährige wurde bereits in der Vergangenheit festgenommen und unter dem Verdacht der Geldwäsche oder Terrorfinanzierung durch eine Wohltätigkeitsorganisation befragt. Fehlverhalten stritt er ab.
Vorläufiger Höhepunkt der Verhaftungswelle
Die Opposition sieht Präsident Kais Saied als Initiator der Repression. Er hatte 2021 das Parlament entmachtet und die Regierung durch von ihm ausgesuchte Minister ersetzt. Zudem hat er die Befugnisse des Präsidenten vergrößert, so dass fast alle Macht in seinen Händen liegt.
Saieds Gegner befürchten, er wolle Tunesien in eine Autokratie verwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des Arabischen Frühlings, der 2011 in Tunesien begann, zurückschrauben.
Ghannouchi kehrte 2011 aus Exil zurück
Der Ghannouchi war in den 1980er-Jahren ein politischer Gefangener und ging später ins Exil. Während der Revolution in Tunesien 2011 kehrte er in seine Heimat zurück. Unter seiner Führung bewegte sich Ennahda in Richtung der politischen Mitte und trat mehreren Regierungskoalitionen mit säkularen Parteien bei. Nach den Wahlen 2019 wurde er Parlamentspräsident.