Krise in Niger ECOWAS hofft auf diplomatische Lösung
Die Drohung der ECOWAS-Staaten, nach dem Putsch in Niger einzumarschieren, liegt zwar weiter auf dem Tisch. Der nigerianische Vorsitz des Staatenbundes hat das Augenmerk aber nun auf eine diplomatische Lösung gelegt.
Vor dem Sondergipfel westafrikanischer Staaten zum Putsch in Niger hat dessen Nachbarstaat Nigeria die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung betont. Präsident Bola Tinubu glaube, dass Diplomatie der beste Weg zur Lösung der Krise in Niger sei, sagte sein Sprecher. Nigerias Staatschef ist derzeit Vorsitzender des Staatenbunds ECOWAS. Sein Sprecher teilte mit, dies sei "die Konsens-Position der ECOWAS-Staatschefs". Er fügte allerdings hinzu, es seien "keine Optionen vom Tisch genommen" worden.
Nigerias Präsident Bola Tinubu ist derzeit Vorsitzender des Staatenbunds ECOWAS.
Der Staatenbund hatte mit Maßnahmen bis hin zu einem Einmarsch gedroht, falls die Verfassung in Niger nicht wiederhergestellt und der gewählte Präsident Mohamed Bazoum nicht wiedereingesetzt wird. Die ECOWAS-Staatschefs wollen sich morgen in Nigerias Hauptstadt Abuja treffen, um ihr weiteres Vorgehen zu beschließen.
Militärchefs der ECOWAS-Länder hatten in der vergangenen Woche einen Plan für eine mögliche Intervention vorgelegt. Der französische Sender RFI berichtete, dass die Planungen eine Truppe von 25.000 Soldaten umfasse. Neben Nigeria hatten Benin, der Senegal und die Elfenbeinküste ihre Bereitschaft zum Militäreinsatz erklärt.
Mali und Burkina Faso wenden sich an UN-Sicherheitsrat
Die Militärregierungen von Mali und Burkina Faso forderten den UN-Sicherheitsrat unterdessen auf, einen Militäreinsatz gegen die Putschisten in ihrem Nachbarland Niger zu verhindern. In einem Schreiben wandten sich Malis Außenminister Abdoulaye Diop und Burkina Fasos Außenministerin Olivia Rouamba an das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen sowie an die Afrikanische Union.
Es gelte "neben der Verschlechterung der Sicherheitslage mit der Zunahme und Ausbreitung terroristischer Gruppen auch ein humanitäres Drama zu verhindern", heißt es in dem Schreiben. Sowohl Mali als auch Burkina Faso sind derzeit nach Putschen von ihrer Mitgliedschaft in der ECOWAS suspendiert und hatten sich deutlich an die Seite der Militärmachthaber in Niger gestellt.
Blinken spricht mit gestürztem Präsidenten Bazoum
Die US-Regierung hofft weiter auf eine diplomatische Lösung, dämpft aber gleichzeitig die Erwartungen. Man habe noch Hoffnung, sei aber gleichzeitig realistisch, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. "Ich erkenne an, dass dies eine schwierige Situation ist und dass der Ausgang ungewiss ist, aber wir sind nicht bereit, (...) den Versuch aufzugeben, eine Rückkehr zur Demokratie und zur verfassungsmäßigen Ordnung zu erreichen." Miller betonte: "Wir sind realistisch, was die Situation vor Ort angeht. Wir haben die Hoffnung, dass sich die Situation umkehren wird." Allerdings sei der Ausgang der Krise offen und die Lage dynamisch.
Zuvor hatte sich US-Außenminister Blinken für Diplomatie als den "bevorzugten Weg" zur Lösung der Krise ausgesprochen. "Das ist der aktuelle Ansatz der ECOWAS. Es ist unser Ansatz", sagte Blinken dem in Niger mittlerweile blockierten französischen Radiosender RFI. Blinken sprach zudem nach eigenen Angaben mit dem entmachteten Präsidenten Bazoum und unterstrich dabei abermals die Bemühungen, eine friedliche Lösung des Konflikts zu erreichen. Auch bekräftigte er die Forderung der USA, Bazoum und seine Familie unverzüglich freizulassen.
Putsch der Präsidialgarde Ende Juli
Am 26. Juli hatten Offiziere der Präsidialgarde in Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum entmachtet. Der Kommandeur der Eliteeinheit, Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.
Das 26-Millionen-Einwohner-Land war ein wichtiger strategischer Verbündeter des Westens und die letzte demokratisch gewählte Regierung in der von islamistischen Terrorgruppen überrannten Sahelzone. Die Militärjunta verweigerte zuletzt einer Verhandlungsmission der UN, des Staatenbunds ECOWAS und der Afrikanischen Union die Einreise.