UN-Mission in DR Kongo Wegen Misserfolgs vorzeitig entlassen
Die MONUSCO-Friedensmission im Ostkongo ist eine der größten und längsten der UN - Frieden hat sie bis jetzt nicht gebracht. Nun soll sie auf Wunsch der Regierung rasch enden - und dann?
Eigentlich sollten die Blauhelme noch mindestens ein weiteres Jahr in der Demokratischen Republik Kongo bleiben. Die Verlängerung der MONUSCO-Mission war bereits beschlossene Sache. Aber im September hat der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi anders entschieden. "Ich habe meine Regierung angewiesen, Diskussionen mit der UNO über einen schnelleren Abzug zu beginnen", sagte er vor der UN-Generalversammlung in New York. Schneller, das heißt noch in diesem Jahr - direkt nach den Wahlen, die am 20. Dezember stattgefunden haben. Diesem Plan hat auch der UN-Sicherheitsrat mittlerweile zugestimmt - notgedrungen, denn UN-Friedenstruppen sind auf Einladung ihrer Gastgeberländer vor Ort. Sind sie nicht mehr willkommen, müssen sie gehen.
Willkommen sind die Blauhelme im Ostkongo schon eine ganze Weile nicht mehr. Sie sollen in erster Linie den Schutz der Zivilbevölkerung garantieren - aber davon spüren die Menschen wenig. In der Region gibt es reiche Vorkommen von Gold, Diamanten, Coltan, das für die Handyherstellung gebraucht wird, und andere wertvolle Rohstoffe. Mehr als 100 Milizen kämpfen um den Zugang zu den oft illegalen Minen und terrorisieren die Menschen, die in ihrer Nähe leben. Sie brennen Dörfer nieder, töten Bewohner, die nicht früh genug flüchten können, vergewaltigen systematisch Frauen. Millionen Menschen leben in Flüchtlingslagern - ohne Chance auf eine Rückkehr in ihre Dörfer, weil die oft genug nicht mehr existieren.
Bilanz nach 25 Jahren "bedauerlich"
Die ohnehin schon katastrophale Lage hat sich verschärft, seit die bekannteste Miliz, die M23, wieder aktiv ist. Die Gruppe hatte internationale Schlagzeilen gemacht, als sie 2012 große Teile des Ostkongo und die größte Stadt Goma eingenommen hatte. Nach diversen militärischen Niederlagen war es ruhig geworden um die einst stärkste Miliz. Bis zu einer neuen Offensive vor anderthalb Jahren.
Die kongolesische Regierung hat den Notstand ausgerufen, aber weder die nationalen Streitkräfte noch die UN-Truppen konnten das neue Blutvergießen, die Brandstiftungen und Vertreibungen stoppen. Anlass für lautstarke Demonstrationen der Bevölkerung gegen die Blauhelme und ihre erfolglose Mission. Im Wahljahr machte Präsident Tshisekedi sich diesen Unmut zu eigen. "Es ist bedauerlich, dass die Friedensmission es nach 25 Jahren nicht geschafft hat, mit Rebellionen und bewaffneten Konflikten fertig zu werden", sagte Tshisekedi in New York.
Eine Milliarde US-Dollar pro Jahr
Die Vereinten Nationen haben seit 1999 Vertreter im Kongo. Was als reine Beobachtungsmission mit 500 Militärbeobachtern begann, ist mittlerweile eine der größten Friedensmissionen überhaupt. Zeitweise waren über 20.000 Blauhelme und Polizeikräfte im Kongo stationiert, derzeit sind es immer noch etwa 13.000. Die Operation kostet eine Milliarde US-Dollar im Jahr - und hat nur magere Erfolge vorzuweisen.
MONUSCO hat ein robustes Mandat: Die Soldaten dürfen sich nicht nur selbst verteidigen, sondern offensiv gegen die Milizen vorgehen, um den Frieden zu sichern. Kritiker sagen allerdings, dass die UN-Truppen trotzdem eher auf neue Krisen reagiert haben als selbst aktiv zu werden. "Die beteiligten Länder an der Mission hätten ihr Mandat aggressiver auslegen können, wenn sie das denn gewollt hätten - um die bewaffneten Gruppen zurückzudrängen und Zivilisten zu schützen", sagte Richard Moncrief von der International Crisis Group gegenüber der Deutschen Welle.
"Wir haben einen Plan für die Übergabe"
Jetzt läuft das MONUSCO-Mandat aus. Bis Ende April 2024 sollen die Blauhelme die Provinz Südkivu verlassen. Bis zur Mitte des kommenden Jahres werden etwa 2.500 Soldaten und Polizeikräfte in ihre Heimatländer zurückkehren. Wie es danach weitergeht, muss noch entschieden werden. Sicher ist, dass es einen geordneten Rückzug geben soll und dass die Verantwortung für die Sicherheit im Ostkongo bis Dezember 2024 nach und nach an die kongolesische Armee übergeben werden soll. "Wir haben einen Plan für diese Übergabe. Wenn unsere Zusammenarbeit mit MONUSCO beendet ist, bin ich sicher, dass unsere Armee unser Land in eigener Verantwortung sichern kann", versichert Johnny Luboya Nkasham, der Militärgouverneur der Provinz Ituri.
Genau das bezweifeln internationale Beobachter allerdings. Derzeit sind neben den Blauhelmen sowohl Truppen aus den ostafrikanischen Nachbarländern des Kongo im Osten des Landes stationiert als auch Verstärkung von der Afrikanischen Union - zusätzlich zur kongolesischen Armee, die wegen des Notstandes in einigen Provinzen schon jetzt weitreichende Befugnisse hat.
Trotz dieses Militäraufgebots ist die Zivilbevölkerung nicht sicherer als zuvor. Darüber hinaus könnte noch ein internationaler Konflikt drohen: Die kongolesische Regierung wirft Ruanda vor, die M23-Rebellen zu finanzieren. Kigali weist das zurück, aber Präsident Tshisekedi hat im Wahlkampf mit offenem Krieg gedroht. Die Menschen im Ostkongo haben zwar erfolgreich für den Abzug der UN-Blauhelme demonstriert. Aber ob ihnen das den ersehnten Frieden und Sicherheit bringt, ist zweifelhaft.