Nach Militärputsch in Gabun "Die Armee hat unser Land befreit"
Wieder hat das Militär in einem afrikanischen Staat die Macht übernommen. Doch in Gabun feiert die Bevölkerung den Staatsstreich als Befreiung von einem Autokraten, dem seit vielen Jahren die Unterstützung fehlt.
In den Straßen der Hauptstadt Libreville feiern Hunderte Menschen. Sie singen und schwenken die Nationalflagge. "Lang lebe Gabun", rufen einige von ihnen. Die Herrschaft der Familie Bongo sei vorbei.
Am Mittwoch hatte eine Gruppe von Militärs und anderen Sicherheitskräften verkündet, dass sie die Macht in dem zentralafrikanischen Land übernommen hätten. Der bisherige Präsident Ali Bongo sei unter Hausarrest gestellt worden. "Der 30. August ist jetzt unser Unabhängigkeitstag", meint ein junger Mann in der Menge. "Die Armee hat unser Land befreit."
"Gehen durch schwere Krise"
Zwölf Männer, die meisten davon in Uniform, waren im Staatsfernsehen erschienen. Ihr Sprecher bezeichnete die Präsidentschaftswahl vom Wochenende, aus der Ali Bongo dem offiziellen Ergebnis zufolge erneut als Sieger hervorgegangen war, als gefälscht.
Das Land brauche einen Neuanfang, so der Sprecher der Putschisten. "Unser wunderschönes Land, Gabun, war immer ein friedlicher Hafen. Aber heute gehen wir durch eine schwere politische, ökonomische und soziale Krise."
Wechsel nach mehr als 55 Jahren
Insgesamt mehr als 55 Jahre hatte der Bongo-Clan regiert. Ali Bongo folgte auf seinen Vater. Der Export von Gas, Erdöl und anderen Bodenschätzen machte die Familie reich. Große Teile der Bevölkerung lebten dagegen in Armut. Vor allem die Jugend in Gabun hatte darum vor den Wahlen einen Wechsel gefordert.
Neuer Präsident soll jetzt offenbar der bisherige Chef der Republikanischen Garde werden, Brice Oligui Nguema - Berichten zufolge ein Cousin Ali Bongos. Militärs und Sicherheitskräfte trugen ihn durch die Straßen von Libreville und ließen ihn hochleben.
Vorherrschaft der Familie Bongo scheint gebrochen
Die frühere Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Putsch. Sie hatte einst dem Vater Ali Bongos ins Amt verholfen und lange Zeit schützend ihre Hand über die Familie gehalten. In den vergangenen Jahren hatte es schon in anderen ehemals französischen Kolonien, zuletzt in Niger, Umstürze gegeben.
Doch die Agenda der Putschisten sei unterschiedlich, meint der politische Analyst und Afrika-Kenner Wilson Khembo. "Ich glaube, dass der Coup in Gabun sich von den anderen unterscheidet", sagt er. "In den übrigen Ländern war das Militär von Machthunger getrieben. Doch in Gabun wollen die Putschisten offenbar die verfassungsmäßigen Rechte wieder in Kraft setzen. Sie befürchteten, dass Gabun sich zu weit von einer Demokratie entfernt."
Viele hatten das Land schon lange als heimliche Dynastie bezeichnet. Jetzt scheint diese lange Vorherrschaft der Familie Bongo gebrochen zu sein.