Neue Pläne aus Brüssel Auffanglager in Afrika - Gabriel skeptisch
Bundesaußenminister Gabriel hält wenig von den Plänen des EU-Parlamentspräsidenten Tajani, in Afrika Auffanglager für Flüchtlinge zu errichten. Solche Vorhaben seien unrealistisch. Ganz anderer Ansicht ist sein Amtskollege aus Österreich.
Außenminister Sigmar Gabriel hat angesichts neuerlicher Vorschläge für Auffanglager für Migranten in Nordafrika zu mehr Realismus aufgerufen. "Ich rate dazu, nicht eine Welt zu malen, die nicht existiert", sagte er. Es sei gefährlich, den Eindruck zu erwecken, das EU-Türkei-Abkommen sei auf instabile Länder wie Libyen und Tunesien übertragbar. Dies würde bei den Bürgern zu Enttäuschungen führen, sagte Gabriel.
Lager mit Ärzten und Medikamenten
Hunderttausende Migranten warten nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex in Libyen auf die Überfahrt nach Italien, und aus Westafrika drängen viele weitere an die libysche Küste. Der konservative EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hatte angesichts dieser Situation vor Ort Auffanglager für Flüchtlinge gefordert. "Die EU sollte zu diesem Zweck ein Abkommen mit Libyen vereinbaren", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Lager müssten aber über eine gewisse Grundausstattung wie eine ausreichende Zahl an Ärzten und genügend Medikamente verfügen. "Man muss Mittel zur Verfügung stellen, dass die Menschen dort ein paar Monate oder Jahre in Würde leben können. Auffanglager dürfen keine Konzentrationslager werden", so Tajani.
Flüchtlinge aus Afrika: Wie sinnvoll sind Auffanglager?
Österreichs Außenminister für Pläne
Im Gegensatz zu Gabriel fühlt sich Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) durch die Vorschläge aus Brüssel ermutigt. Endlich beginne die Diskussion über den Umgang mit der Flüchtlingskrise ehrlicher zu werden, meinte Kurz. Er sei seit langem dafür, Flüchtlinge, die ihre Einreise mit Schleppern schaffen wollten, an der EU-Außengrenze zu stoppen, zu versorgen und zurückzubringen. Kurz und Gabriel hatten sich zu einem Meinungsaustausch getroffen.
Zusätzlich zu den Auffanglagern hatte Tajani auch einen Marshall-Plan für Afrika gefordert. "Entweder wir handeln jetzt, oder es werden in den kommenden 20 Jahren Millionen Afrikaner nach Europa strömen", sagte Tajani. Es gehe darum, eine Ausbildungs-Initiative zu starten, eine moderne Landwirtschaft zu entwickeln und Joint-Ventures - also Gemeinschafts-Unternehmen mit zwei oder mehr Partnern - zu gründen. Tajani war im Januar als Nachfolger von Martin Schulz zum EU-Parlamentschef gewählt worden.
Auch der "Marshall-Plan mit Afrika" der Bundesregierung setzt auf Reformpartnerschaften. Der historische Marshallplan war ein Aufbauprogramm der USA nach dem Zweiten Weltkrieg für Westeuropa.