Illegale Migration EU nimmt Libyen in die Pflicht
Die EU will im Kampf gegen illegale Migration stärker mit Libyen zusammenarbeiten. Aber wie soll das gehen angesichts von Chaos und Gewalt im Land? Die EU-Außenminister machen nun Druck auf die politischen Akteure - es gilt, für Stabilität und Ordnung zu sorgen.
Wenige Tage nach der Vereinbarung einer Kooperation mit Libyen im Kampf gegen die illegale Einwanderung haben sich die EU-Außenminister über die Lage von Flüchtlingen im Land besorgt geäußert. "Die EU verurteilt Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen von Flüchtlingen", hieß es in ihrer Erklärung nach einem Treffen in Brüssel. Die libyschen Behörden müssten ihre Bemühungen "verdoppeln", um insbesondere "in Haftzentren für Migranten" die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen müssten ungehinderten und geschützten Zugang erhalten.
Die EU sei zudem bereit, Strafmaßnahmen gegen Gegner der Friedensbemühungen in dem Bürgerkriegsland zu verhängen, hieß es weiter. Um für Stabilität und Sicherheit zu sorgen, müssten sich alle Akteure im Land an einem konstruktiven Dialog beteiligen. Zudem sei es notwendig, dass alle bewaffneten Kräfte unter die Kontrolle der rechtmäßigen zivilen Behörden gestellt würden.
EU stärkt libyscher Regierung den Rücken
Mehr Stabilität und Ordnung in Libyen gelten als Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Vorgehen der EU gegen illegale Zuwanderung über das Mittelmeer. Ein am Freitag beschlossener Zehn-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, die libysche Küstenwache schnellstmöglich so auszubilden, dass sie von Schlepperbanden organisierte Überfahrten in Richtung Europa verhindern kann. Flüchtlinge müssten dann zumindest vorerst in dem nordafrikanischen Land bleiben. Sie sollen in angemessenen Aufnahmeeinrichtungen versorgt werden.
Menschenrechtler bezweifeln jedoch, dass dies möglich ist, da in Libyen immer noch Chaos und Gewalt herrschen. Dies liegt vor allem daran, dass die im vergangenen Jahr gebildete Einheitsregierung von politischen Gegnern und Milizen bis heute nicht anerkannt wird. Die Außenminister bekräftigten nun ihrerseits ihre Unterstützung von Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch. "Alle Akteure sind aufgerufen, Handlungen zu vermeiden, die den politischen Übergang in Libyen untergraben", erklärten sie.
Unklarheit bei der Frage nach Rückführungen
Ob und wie Flüchtlinge künftig nach Libyen zurückgeschickt werden - das war weiterhin ein Streitpunkt beim EU-Außenministertreffen. Der Österreicher Sebastian Kurz plädierte dafür, sich ein Beispiel an Australien zu nehmen. "Die wichtigste Regel muss sein: Wer sich illegal auf den Weg macht, der wird an der Außengrenze versorgt und wieder zurückgestellt", sagte er. "Das Weiterwinken der Flüchtlinge führt zu mehr Geschäft für die Schlepper, zu mehr Toten im Mittelmeer und zu einer massiven Überforderung in Mitteleuropa."
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zeigte sich hingegen skeptisch. "Libyen ist nach unseren Überzeugungen ein sehr unsicherer Platz", sagte er. Die Bundesregierung verwies ebenfalls darauf, dass Libyen stabilisiert werden müsse und die Situation dort schwierig sei.
Oppermann reagiert auf Kritik
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann stellte unterdessen klar, dass auch er Flüchtlinge vorerst nicht nach Libyen zurückschicken wolle. "Ich rate dazu, auch in und mit Libyen nach Wegen zu suchen, wie wir die unerträgliche Situation der Flüchtlinge dort verbessern können", sagte Oppermann. "Völlig klar ist, dass wir derzeit keine Flüchtlinge dorthin zurückschicken können. Dazu ist dieses Land zu instabil." Damit reagierte er auf die Kritik an einem Meinungsbeitrag. Oppermann hatte in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) dafür plädiert, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge in Nordafrika unterzubringen.