Abbas in Brüssel Zwei-Staaten-Lösung als EU-Minimalkonsens
Palästinenserpräsident Abbas trifft sich heute mit den EU-Außenministern. Viel kann er dabei nicht erwarten. Die EU kämpft in der Nahostpolitik mit Uneinigkeit und mehreren Baustellen.
Es war eine empfindliche Niederlage für US-Präsident Donald Trump - aber gleichzeitig auch für die Einigkeit der EU: Mit deutlichen 128 zu neun Stimmen erklärte die Vollversammlung der Vereinten Nationen die US-Entscheidung, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen, am 21. Dezember für "null und nichtig".
Doch gleich sechs EU-Staaten hatten sich bei der Abstimmung enthalten: Ungarn, Polen, Rumänien, Tschechien, Kroatien, Lettland. Es ist nur der jüngste Beweis dafür, welch zerklüftetes Bild die Europäische Union in der Nahostpolitik abgibt.
Kein EU-Staat will Trumps Beispiel folgen
Eins wiederum ist aber klar: Kein EU-Land plant, Trump zu kopieren und seine Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. So wie der israelische Premier Benjamin Netanyahu dies noch bei seinem Brüssel-Besuch im Dezember prophezeit hatte. "Er kann seine Erwartungen an andere richten. Von Seiten der EU-Staaten wird das nicht passieren", unterstrich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nach dem damaligen Treffen.
Einigkeit besteht innerhalb der Europäischen Union immerhin insofern, als man die "Zwei-Staaten-Lösung" - das friedliche Nebeneinander des israelischen Staates neben einem noch zu schaffenden palästinensischen - retten möchte, so unrealistisch diese Lösung derzeit auch erscheinen mag. "Weder in den vorigen Wochen noch in den vergangenen Jahrzehnten habe ich von irgendjemandem eine bessere Idee dazu gehört, wie sich die Sicherheit Israels garantieren lässt", bekräftigt Mogherini.
Partnerschaftsabkommen ist eine Möglichkeit
Als eine Möglichkeit, die Zwei-Staaten-Lösung am Leben zu erhalten, wird ganz offensichtlich die Idee eines neuen Partnerschaftsabkommens mit den Palästinensern gesehen. EU-Diplomaten bestätigen, dass darüber nachgedacht wird. Wobei sich sofort die Frage aufdrängt, wann man mit wem genau ein solches Assoziierungsabkommen unterzeichnen würde: Einen "Staat Palästina" hat die EU nie anerkannt. Und das steht auch für sie gar nicht auf der Tagesordnung. Selbst wenn einzelne Staaten wie Luxemburg oder Belgien öffentlich zuletzt durchblicken ließen, dass sie sich das vorstellen könnten.
Das ist noch so eine Baustelle für die EU-Außenbeauftragte, bei der es den Eindruck zu vermeiden gilt, die EU spreche gerade jetzt nicht mit einer Stimme, wo die USA als glaubwürdiger Friedensstifter zwischen Israel und Palästinensern auszufallen drohen. "Wir werden die USA als Schlichter nicht akzeptieren", erklärte vergangene Woche Palästinenser-Präsident Mahmut Abbas in einer regelrechten Wutrede. Dieser war unter anderem die Trump-Drohung vorausgegangen, Hilfsgelder für die Palästinensergebiete zurückzuhalten.
EU kann USA als Schlichter nicht ersetzen
Bei der EU macht man sich wenig Illusionen darüber, ob man die Amerikaner in der Schlichterfrage ersetzen könnte. "Dazu sind wir nicht in der Lage - wir haben weder die Machtposition noch die politischen Mittel", gesteht unumwunden ein EU-Diplomat zu. So geht es den Europäern derzeit vor allem um zwei Dinge: Einerseits wollen die Europäer Mahmut Abbas davon abhalten, mit radikalen Schritten der Zwei-Staaten-Lösung den endgültigen Todesstoß zu versetzen - die Anerkennung Israels auszusetzen, wäre so ein Schritt. Der würde wohl das Ende des Friedensprozesses bedeuten.
Andererseits will die EU der Trump-Regierung klarmachen, dass es keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung gibt und sie die Alleingänge lieber unterlassen sollte. Bislang ist von Europa aus noch nicht so richtig zu erkennen, wo genau Washington in Sachen Israel und Palästina hinsteuert: Denn auf den Entwurf einer großangelegten Nahoststrategie, den die USA parallel zur Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt angekündigt hatten, wartet man in Europa bislang ebenso gespannt wie vergeblich.