Mutmaßliche Todesfälle in Italien So gefährlich ist die Violinspinne wirklich
Italienische Medien berichten über zwei Todesfälle, die mit dem Biss einer Violinspinne in Verbindung gebracht werden - einer Art, die sich auch in Europa ausgebreitet hat. Aber wie gefährlich ist sie wirklich?
Sie wird nur sieben bis neun Millimeter groß, ist braun, und manchmal erinnert ihre Zeichnung an eine Geige. Daher auch ihr Name: Violinspinne. Fachleute sprechen häufig aber nur von der Braunen Einsiedlerspinne oder ihrem lateinischen Namen Loxosceles rufescens. Eine Spinne, die gerade nach zwei Todesfällen innerhalb von weniger Wochen in Italien für Aufsehen sorgt.
Anfang Juli bemerkte ein 52-jähriger Mann nach der Gartenarbeit, dass sein Knöchel gerötet war. Eine Woche später war er tot, berichten italienische Medien: Er habe zunächst an einen Insektenstich gedacht und den Biss der Spinne nicht bemerkt. Dass eine Violinspinne dahintersteckt, ist also wohl nur eine Vermutung. Direkte Beweise gibt es nicht. Auch beim aktuellen Todesfall eines 23-Jährigen in Süditalien sind die Umstände laut den Medienberichten noch unklar.
Spinnenbiss wird erst oft nicht bemerkt
Nach einem Biss passiert in der Regel erst einmal nichts. Es dauert mindestens 14 bis 24 Stunden, erst dann können erste Symptome, wie Juckreiz und eine deutliche Rötung, rund um die Bissstelle auftreten. Auch kleine Pusteln können sich bilden. Der Biss selbst wird aber oft gar nicht bemerkt: "Die Spinne hat relativ kleine Giftklauen", sagt Spinnenforscher Peter Jäger von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Der Biss der Spinne sei daher nur wenig bis gar nicht zu spüren. "Das ist auch das große Problem. Oft kann gar nicht zurückverfolgt werden, ob wirklich eine Spinne für die Hautrötungen verantwortlich ist."
Neben juckenden Rötungen kann es auch zu Hautnekrosen kommen. Dabei führt das Spinnengift zum Zelltod des umliegenden Hautgewebes. Eine 2016 veröffentlichte Studie beschreibt, wie ein Enzym einen zentralen Bestandteil menschlicher Zellmembranen spalten kann. In seltenen tödlichen Fällen kann das Gift nicht nur Hautzellen zerstören, sondern tiefer in den Körper eindringen und dann schließlich zu Gerinnungsstörungen oder zum Organversagen führen.
Ein Gegengift nach Bissen der Violinspinne gibt es nicht. Bei schweren Verläufen werden Betroffene intensivmedizinisch betreut. Bei der Behandlung können immunmodulierende Medikamente eingesetzt werden, um das Immunsystem zu unterstützen. Fachleute empfehlen mögliche Zufluchtsorte für Spinnen sauber und ordentlich zu halten. Die Spinnen halten sich gerne an trockenen Stellen, insbesondere in Dachböden, Garagen und Kellern auf.
Zusätzliche Infektionen erhöhen das Risiko
Bei Bissen kommt es häufig zu zusätzlichen Infektionen, die sich um die Bissstelle herum ausbreiten können. Dabei kann es zu schweren Infektionen bis hin zur Blutvergiftung kommen.
Solche schweren Verläufe sind nach Angaben des italienischen Anti-Gift-Zentrums sehr selten. Ein höheres Risiko sehen die Experten und Expertinnen bei Kindern und älteren Menschen. Auch Vorerkrankungen wie Diabetes oder Allergien spielen eine Rolle.
Spinne hat sich bis nach Europa ausgebreitet
Die Violinspinne stammt ursprünglich aus Marokko, hat sich aber über die Nachbarländer bis nach Spanien, Portugal, Italien, Türkei und Griechenland ausgebreitet. Es gibt aber auch Meldungen aus Asien und sogar Australien.
Spinnenforscher Jäger geht davon aus, dass die Spinne irgendwann auch in Deutschland heimisch wird - bisher gibt es hier nur ungefährliche Spinnen. Beim Senckenberg-Institut werden neue Funde analysiert und eingeordnet. Sollte sich in Deutschland eine gefährliche Spinne verbreiten, wird es entsprechende Warnungen mit Verhaltensregeln geben. Aktuell gebe es aber keine medizinisch relevanten Spinnen in Deutschland.
Nach Angaben der Universität der Balearen kann die Violinspinne bis zu fünf Monate ohne Nahrung und Wasser überleben und sich gut verstecken. In manchen Gegenden ist sie schon so weit verbreitet, dass man sie leicht findet, sagt Forscher Jäger: "Auf Kreta ist sie eine sehr häufige Spinne. In trockenen Gegenden kann man sie leicht unter Steinen finden. Doch selbst dort, wo die Spinne schon lange in hohen Populationsdichten lebt, sind Berichte über Bisse der Braunen Einsiedlerspinne bisher eher selten."
Violinspinnen beißen nur bei Gefahr
"Diese Spinnen sind außerordentlich defensiv, überhaupt nicht aggressiv", sagt Spinnenexperte Jäger: "Sie sitzen in ihrem Fangnetz und warten auf Beute." Die Violinspinne würde nur beißen, wenn sie sich stark bedroht fühlt. Viele Spinnenbisse passieren nachts, wenn sich der Mensch im Bett versehentlich auf die Spinne rollt.
Den Wirbel rund um die aktuellen Meldungen aus Italien hält Experte Jäger für übertrieben und sieht keine große Gefahr für einen Italien-Urlaub: "Diese Spinnen leben sehr versteckt. Im Zweifelsfall wird man die als Tourist überhaupt gar nicht sehen." Die Spinne versteckt sich häufig in Erdlöchern oder unter Steinen. Kommt es zu einem Biss, kann die Stelle mit Wasser und Seife gereinigt werden, um weitere Infektionen zu vermeiden. Bei stärkeren Rötungen kann eine Kortisonsalbe, aber auch der Einsatz von Antibiotika sinnvoll sein.
Die allermeisten Spinnenbisse bemerkt der Mensch überhaupt nicht, schwere Verläufe sind bei den in Europa lebenden Spinnenarten immer noch sehr selten. Daran wird sich laut Fachleuten auch durch die Violinspinne erst mal nichts ändern.