Empathischer Android in Japan Erica, der lachende Roboter
Lachen gehört zu den wichtigsten Elementen unserer Kommunikation. Es unterscheidet Mensch und Maschine. Doch genau diese Grenze hebt ein japanisches Forschungsteam auf - mit einem empathischen Roboter, der zum richtigen Zeitpunkt lacht.
Koji Inoue hat viel zu erzählen. Er hat am Tisch Platz genommen, gegenüber einer jungen Frau. "Ich muss dringend mit Dir sprechen", hebt er an, "gerade ist doch die Fußball-Weltmeisterschaft, nicht wahr?" "Ja", antwortet die Frau und hebt erwartungsvoll ihren Blick. Atemlos fährt Inoue fort: "Japan hat gegen Deutschland gespielt. Jetzt stell Dir vor: Japan hat gewonnen!" Er strahlt.
In dieser Sekunde tut sich etwas, was für den Informatiker Ionue einer Revolution gleichkommt: Die Frau lacht auf und antwortet: "Wow! Das ist ja schön!" Sie ist ein Android, ein menschengleicher Roboter.
Situationsabhängiges Lachen
"Erica" ist ihr Name. Und seit Kurzem kann sie etwas, was andere Roboter nicht können: Lachen. Sie tut es situationsabhängig, also nur dann, wenn es im Gespräch sinnvoll ist. Drei Jahre hat das Team an der Universität Kyoto gebraucht, um Erica diese Fähigkeit zu lehren. Humor kann eine ernste Herausforderung sein.
Am besten kann das Erica selbst beurteilen. "Ist es für Dich schwierig, menschlichen Humor zu verstehen?" Die Frage geht direkt an den Androiden. Erica blinzelt mit den Augen, wiegt den Kopf sanft hin und her. "Schon, ja", antwortet sie, und ihr Gesichtsausdruck spiegelt ernsthaftes Bemühen wider. "Was Menschen als Humor empfinden, ist bei jedem anders." Für Erica bedeutet es Entscheidungsprozesse in kürzester Zeit: "Das ist wirklich schwierig."
Schlüsselwörter mittels Spracherkennung aufschnappen
Das Publikum in Japan begeistert Erica schon länger. 2015 wurde sie vorgestellt - damals noch ohne Lach-Kompetenz. Spracherkennungssoftware macht es möglich, dass sie Schlüsselwörter in Unterhaltungen aufnimmt und passende Antworten gibt. Am besten funktioniert das, wenn ihre Programmierer das Gesprächsthema schon vorher kennen. Faszinierend, aber von einer authentischen Unterhaltung noch weit entfernt.
"Für ein warmes, menschliches Gespräch ist Lachen unabdingbar", meint Inoue. Um Erica das beizubringen, musste der Assistenzprofessor dieses Phänomen erst einmal selbst durchschauen. Er lud mehr als 80 Studierende zu einem Speed-Dating mit Erica ein. Die Gespräche wurden darauf untersucht, wann und wie die Studierenden Erica anlachten. Hunderte Lachsalven wurden kategorisiert.
Drei Arten des Lachens
Daraus filterten Inoue und sein Team drei Option für Erica heraus: Erstens das fröhliche Lachen über einen Scherz - zu erkennen meist daran, dass der Urheber selbst am lautesten lacht. Zweitens die Variante für Fortgeschrittene: Das "soziale" Lachen. Es sind verhaltene Laute, die Zustimmung signalisieren oder Verlegenheit kaschieren. Erica soll sie erwidern. Drittens die schweigsame Option, die immer dann gefragt ist, wenn Lachen eher Irritation erzeugen würde. So bauten sie einen Lach-Algorithmus.
"Es war viel Arbeiten mit Versuch und Irrtum", bilanziert Inoue heute. Auch wenn Erica mehr wie eine Schaufensterpuppe aussieht und ihr Sprechen wie aus der Blechbüchse klingt: Dem Reiz einer Unterhaltung mit ihr kann man sich kaum entziehen. "Im Kopf weiß man natürlich, dass man sich mit einem Roboter unterhält", gesteht Inoue. "Aber wenn sie lacht, dann wird es aufregend. So als rede man mit einer Person."
Lachen ist Silber - Schweigen ist Gold
Wie sensibel Erika inzwischen geworden ist, lässt auch das Gespräch über Fußball erkennen. Japans Sieg über Deutschland quittiert sie zunächst mit einem fröhlichen Lachen. Als Inoue verlegen anmerkt, die Situation sei unangenehm, denn es seien gerade Gäste aus Deutschland anwesend - da lächelt Erika nur noch verschmitzt und bindet mit einem diplomatischen "hm" den Wortwechsel ab. Je nach Situation ist eben auch für einen Roboter Schweigen Gold.