Neue Modellierung Mehr Plastikmüll im Meer als angenommen
Dass in den Ozeanen Unmengen von Plastikmüll schwimmen, ist schon lange bekannt. Jetzt kommt eine neue Studie zu dem Ergebnis: Es ist mehr - und hält sich länger als bisher gedacht. Es gibt aber auch eine positive Nachricht.
Im Meer schwimmt offenbar deutlich mehr Plastik als bislang angenommen - es kommt allerdings auch weniger Plastik jährlich neu hinzu als befürchtet. Zu diesen Ergebnissen kommt ein niederländisches Forschungsteam, das die Plastikströme in den Ozeanen modelliert hat und darüber im Fachjournal "Nature Geoscience" berichtet. Daraus folgt laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, dass Plastik länger im Meer verbleibt, als bisherige Schätzungen vermuten ließen.
Die Modellierung der Forschenden umfasst die Jahre 1980 bis 2020 und alle Weltmeere. Demnach landen pro Jahr 0,5 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren - fast die Hälfte aus der Fischerei, rund 40 Prozent über die Küsten und der Rest über Flüsse. Diese jährliche Neuverschmutzung ist deutlich geringer als in früheren Schätzungen.
Allerdings ist die modellierte Plastikmenge in den Meeren mit insgesamt 3,2 Millionen Tonnen viel größer als bislang angenommen. Den Hauptteil machen große Plastikpartikel aus, wie es heißt. Nicht mitgezählt sei dagegen Plastik, das bereits auf den Meeresboden gesunken und in Sedimenten abgelagert sei.
Großteil schwimmt an der Oberfläche
Außerdem berücksichtigt die Modellierung nur Kunststoffsorten, die anfänglich schwimmen und nicht solche, die dichter als Meerwasser sind und sofort absinken. Der Großteil des betrachteten Plastiks in den Meeren - rund 60 Prozent oder zwei Millionen Tonnen - schwimmt der Analyse zufolge an der Oberfläche. Das ist ein Vielfaches früherer Schätzungen von etwa 0,3 Millionen Tonnen. Selbst wenn plötzlich kein Plastik mehr in die Ozeane geriete, würde die Plastikmenge im Meer nur sehr langsam weniger werden, schreiben die Autorinnen und Autoren.
Es sei eine wesentliche neue Erkenntnis, dass eher größere Partikel einen großen Teil des Plastiks in den Ozeanen ausmachten, sagt der Magdeburger Umweltforscher Christian Schmidt dem Science Media Center Germany. Für den "Great Pacific Garbage Patch" sei das bereits gezeigt worden, jetzt bestätige die Studie diese Erkenntnis weltweit.
Säuberungsaktionen im Wasser "sinnlos"
Was aber kann man tun gegen die Verschmutzung der Meere? Säuberungsaktionen im Wasser zumindest hält Forscher Schmidt für sinnlos: Mit dieser Arbeit könne man nie fertig werden; der Aufwand dafür wäre "an der Quelle viel besser eingesetzt".
Sinnvoller sei etwa die Reinigung an Stränden, die leichter zugänglich sein. Dadurch werde verhindert, dass das Material zurück ins Meer gespült werde oder überhaupt erst dorthin gelange. Außerdem sei es wichtig, Abfall zu vermeiden - etwa indem Einwegplastik reduziert und ein besseres Abfallmanagement betrieben werde.
Ähnlich sieht es die Baseler Umweltforscherin Serena Abel. Nur die nachhaltige Verwendung von Plastik sowie die Regulierung der Abfallentsorgung und der Fischerei könnten die Plastikverschmutzung eindämmen.
In einer früheren Fassung hieß es, jedes Jahr kämen 0,5 Tonnen Plastikmüll ins Meer, korrekt sind 0,5 Millionen Tonnen.
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