Industrie- und Schwellenländer Doppelter Plastikverbrauch bis 2050?
Plastikmüll verschmutzt heute schon die Weltmeere. Eine Initiative warnt vor einem massiven Anstieg des Verbrauchs in den G20-Ländern, sollte die Staatengemeinschaft das Problem nicht in den Griff bekommen.
Der Plastikverbrauch in den führenden Industrie- und Schwellenländern (G20) wird sich einer Prognose zufolge ohne weitere rechtlich bindende Gegenmaßnahmen bis Mitte dieses Jahrhunderts fast verdoppeln. Das geht aus einer Studie der Initiative "Back to Blue" hervor. "Back to Blue" ist eine Forschungsgruppe der Denkfabrik Economist Impact sowie der Nippon Foundation.
Bestehende Programme zur Förderung des Recyclings oder zur Verringerung des Verbrauchs von Einwegplastik kratzten nur an der Oberfläche, so die Kritik der Initiative. Nötig sei ein umfassendes und rechtlich bindendes weltweites Abkommen zur Eindämmung des Plastikverbrauchs.
Verhandlungen über weltweites Abkommen
Die Vereinten Nationen hatten im November in Uruguay Verhandlungen über ein Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung aufgenommen - mit dem Ziel, bis Ende kommenden Jahres einen rechtsverbindlichen Vertrag auszuarbeiten. Bis zu 175 Länder haben sich an den Gesprächen beteiligt.
Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die jährliche Kunststoffproduktion in den G20-Ländern bei den derzeitigen Wachstumsraten bis 2050 auf 451 Millionen Tonnen ansteigen, schätzt "Back to Blue". Das wäre ein Anstieg um fast drei Viertel im Vergleich zu 2019.
"Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass die Vertragsverhandlungen alles andere als schwierig und tückisch werden", teilte die Forschungsgruppe mit. "Die Chancen für ein Scheitern - nicht nur, dass kein Vertrag zustande kommt, sondern einer, der zu schwach ist, um die Plastikflut umzukehren - sind beträchtlich."
Deutschland beim Recycling vorn
Die Initiative fordert ein stärkeres Verbot von Einwegplastik zusammen mit höheren Produktionssteuern. Dazu müssten obligatorische Regelungen kommen, die Unternehmen für die gesamte Lebensdauer ihrer Produkte, einschließlich Recycling und Entsorgung, verantwortlich machen. Diese Maßnahmen könnten den jährlichen Verbrauch bis 2050 auf 325 Millionen Tonnen begrenzen, so "Back to Blue". Das wäre allerdings immer noch ein Anstieg um ein Viertel gegenüber 2019 und entspräche der Menge von 238 Millionen gefüllten Müllwagen.
Zu den G20-Ländern, die noch kein nationales Verbot von Einwegplastikprodukten eingeführt haben, gehören dem Bericht zufolge Brasilien, die Vereinigten Staaten, Indonesien und die Türkei. In der EU sind viele Einwegplastikprodukte wie Trinkhalme und Einweg-Geschirr seit Juli 2021 verboten. Deutschland hingegen nimmt eine Vorreiterrolle beim Recycling ein: Im "Plastics Management Index", der von "Back to Blue" veröffentlicht wurde, rangiert die Bundesrepublik auf dem ersten Platz, gefolgt von Japan und Frankreich.