Ranga Yogeshwar
Interview

Yogeshwar im Interview "Trump vergleicht Äpfel mit Birnen"

Stand: 02.06.2017 02:01 Uhr

Trump hat das Pariser Klimaabkommen als "unfair" bezeichnet. Doch die Amerikaner stoßen pro Kopf mehr als doppelt so viel CO2 aus wie Chinesen. Trump vergleicht deshalb Äpfel mit Birnen, sagt der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar.

tagesschau.de: Was bedeutet der Ausstieg der USA als zweitgrößter CO2-Verursacher für das Pariser Klimaabkommen?

Ranga Yogeshwar: Zunächst einmal sollen die Industrieländer ab 2020 genau 100 Milliarden Dollar pro Jahr in einen Klimafonds einzahlen. Donald Trump möchte sich da herausstehlen - doch zeitlich gesehen tritt dies erst in Kraft, wenn seine Amtsperiode zu Ende ist.

Weil dieser Klimafonds die ärmeren Länder unterstützen soll, bedeutet das, dass viele Schwellenländer mit nicht so viel Hilfe rechnen können. Das ist nicht einfach eine Spende, sondern es geht darum, dass viel Technik von den Industrieländern dorthin geliefert wird. Dieser Beitrag wird sich nun reduzieren.

Trumps Vergleiche hinken

tagesschau.de: Trump spricht von einem "unfairen" Abkommen, das ausschließlich anderen Staaten nütze und dem amerikanischen Volk schade. Stimmt dieser Vorwurf?

Yogeshwar: Er sagt, es sei eine massive Umverteilung an andere Länder. Er nannte dabei zum Beispiel auch China. Dies ist eine Politik, die man auf zwei Arten nicht verstehen kann: Der erste Punkt ist, dass die USA oben stehen, wenn man sich den Pro-Kopf-CO2-Ausstoß anschaut. Da liegen sie derzeit bei knapp 28 Tonnen CO2 pro US-Bürger. Ein Deutscher bringt es auf etwa 18 Tonnen, ein Inder auf etwas über drei Tonnen. Hier vergleicht er also Äpfel mit Birnen.

Ganz entscheidend hierbei ist: Es ist ein Akt der echten Unsolidarität. Diese Entwicklungsländer haben zu Recht in Paris sinngemäß gesagt: "Liebe Industrieländer, ihr habt inzwischen euren Luxus, ihr stoßt unglaublich viel CO2 aus, ihr seid die ursprünglichen Verursacher dieses Klimawandels. Wenn wir jetzt Schluss machen, dann gebt ihr uns nicht die Chance uns zumindest auch industriell zu verbessern oder in dem Maße zu verbessern wie ihr."

Genau an diesem Punkt gab es ein zähes Ringen bei den Verhandlungen. Man wollte auf diese Weise Ländern, die sich noch entwickeln, eine Karenzzeit zugestehen, bis sie dann auch einzahlen. Also hat zum Beispiel China die Freiheit, sich jetzt zu beteiligen, aber ab 2025 - so sieht es das Paris-Abkommen vor - sollen dann auch China und anderen Länder in einen neu verhandelten und möglicherweise größeren Klimafonds einzahlen.

tagesschau.de: Trump glaubt offenbar nicht an den Klimawandel. Steht er mit dieser Meinung alleine da? Was sagen Wissenschaftler dazu?

Yogeshwar: Die Wissenschaft sagt sehr klar und deutlich, dass es keinen Zweifel am menschengemachten Klimawandel gibt. Das wird deutlich, wenn man sich die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen anguckt und auch die unterschiedlichen Methoden anschaut. Das Ganze wird nicht nur eindimensional untersucht, sondern es gibt Eiskern-Bohrungen und andere atmosphärische Untersuchungen - ganz viele verschiedene Wege, die alle zu der Erkenntnis führen: Da gibt es ein Problem. Wir haben eine massive Zunahme an CO2, unter anderem in der Atmosphäre. Diese Zunahme führt ganz deutlich zu Schäden.

Auch beispielsweise die großen Versicherungen zweifeln nicht an diesem Fakt. Denn sie erleben in ihrer Statistik eine massive Erhöhung von Schäden, die durch extreme Wetterereignisse, also besondere Stürme, Trockenheit, Starkregen entstanden sind. Auch die USA sind davon betroffen. Viele sagen deshalb, man müsse mit Fakten gegen Ängste vorgehen. Und Fakt ist: Es gibt einen von Menschen gemachten Klimawandel.

China als neuer Partner

tagesschau.de: Sind die Klimaschutzziele noch zu erreichen? Was muss der Rest der Welt tun, um den Austritt der USA auszugleichen?

Yogeshwar: Das ist eine Rechnung, die wir alle kennen: Wir haben gemeinsam einen großen Kuchen. Der entspricht 100 Prozent und jeder muss seinen Teil davon essen. Wenn nun einer sein Stück nicht isst, muss das übriggebliebene Stück, 15 Prozent, auf die anderen umverteilt werden. Möglicherweise ist das auch ganz gut machbar. Die Gefahr ist aber, dass jetzt einige Länder abspringen und sagen, wenn die USA nicht mitmachen - warum sollen wir dann noch mitmachen?

Es kann aber auch sein, dass es jetzt eine Veränderung des Schwerpunkts gibt - bezogen auf das Klima. Lange war es so, dass viele Länder - auch Deutschland - immer geguckt haben, was die USA machen. Inzwischen ist China ein wichtiger Partner geworden und es kann gut sein, dass Peking möglicherweise sagt: Wir übernehmen die Führung. Und vielleicht macht die dortige Regierung noch mehr, als wir bis dato geplant haben.

Das Gespräch führte Male Stüssel für tagesschau.de

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Nachtmagazin am 01. Juni 2017 um 00:13 Uhr.