Nährstoffe für Ackerboden Vom Acker auf den Teller und wieder zurück
Nährstoffe, die in Kohl, Möhren oder Weizen stecken, kommen aus dem Boden, auf dem sie wachsen. Diese Nährstoffe als Dünger aber zurückzugeben, ist nicht immer einfach. Die TU München hat Lösungen.
Beim Thema Düngung haben es konventionelle Landwirte leichter als Biobauern: sie können die Nährstoffe, die mit der Ernte vom Feld abgefahren werden, durch mineralische Dünger ersetzen - Stickstoff, Phosphor, Kali oder Schwefel zum Beispiel. Synthetisch hergestellte Mineral- oder Kunstdünger sind zwar in der Herstellung energieintensiv und wenig nachhaltig - die größten Phosphor-Vorkommen liegen in Marokko und der Westsahara, Kali kommt meist aus Russland, China oder Kanada. Aber sie decken den Nährstoffbedarf für die nächste Ernte.
Ohne Nutztiere fehlt natürlicher Dünger
Meist halten konventionelle Landwirte auch mehr Tiere pro Hektar als Biobauern, haben also zusätzlich ausreichend Wirtschaftsdünger wie Mist und Gülle. Im Ökolandbau ist der Tierbesatz geringer und damit der Nährstoffausgleich schwieriger. "Der Trend in der Landwirtschaft ist, dass wir immer mehr Ackerbaubetriebe haben, die weniger Tiere haben. Und wenn wir keine Tiere haben, haben wir keinen Stallmist, den wir dann ausbringen können", sagt Dr. Lucie Chmelikova, die das Projekt ProBio an der Technischen Universität München leitet. Ohne Mist und Gülle kein Dünger für die Felder.
Ist Kompost aus Bioabfall die Lösung?
Ein weiteres Problem für Biobauern: mineralische Dünger sind im Ökolandbau nicht zugelassen. Wie also die Böden fruchtbar und ertragreich halten? Das Forschungsprojekt der Technischen Universität München hat das Ziel, die Nährstoffe einfach wieder von der Stadt zurück auf den Acker bringen - durch Bioabfallkomposte.
Das klingt einfach und naheliegend, ist aber äußerst komplex: Alle Beteiligten müssen an einen Tisch, Landwirte, Abfallverwerter, Bio-Verbände, Wissenschaft - auch die Verbraucher. Die meisten Landwirte aber winken ab, wenn sie das Wort "Bioabfälle" nur hören: Das bringt bloß Müll, Schädlinge und Unkraut auf den Acker, so die gängige Meinung. Die Bilder aus den 1990er-Jahren, als Bioabfall ungereinigt auf die Felder kam, sind vielen noch im Gedächtnis.
Qualitätskompost: Die Herstellung ist aufwändig
Wer den Biomüll-Transportern bei der AVA in Augsburg beim Abladen zuschaut, versteht die Bedenken der Landwirte. "Das ist echt peinlich, was manche Leute unter Biomüll verstehen", sagt Markus Jakob kopfschüttelnd. Er kümmert sich um den Vertrieb der Bioabfallkomposte bei der AVA in Augsburg, einem der Projektpartnern von ProBio. "Man sieht hier die ganzen Plastikverschmutzungen, die ganzen Fremdstoffe, Metalle - das ist das, womit wir konfrontiert sind." Was beim Anblick dieser vermüllten Bioabfälle kaum vorstellbar erscheint, erweist sich als tatsächlich möglich.
Mit modernsten Sieb- und Reinigungsverfahren, durch Vergärung in der Biogasanlage und anschließend intensive Rotteprozesse wird der Bioabfall so lange aufbereitet und gereinigt, bis aus Bioabfall schließlich wertvoller Qualitätskompost wird. Hygienisiert, RAL-zertifiziert und - bei den Chargen, bei denen es möglich ist - mit der besonders strengen Zulassung für den Ökolandbau.
Kompost hat wichtige Mikronährstoffe
Wenn ein Biolandwirt solchen Kompost als Dünger einsetzt, schlägt er mehrere Fliegen mit einer Klappe. Er bringt nicht nur die wichtigen Primärnährstoffe wie Stickstoff, Phosphor, Kali oder Schwefel in den Boden, denn die finden sich im Bioabfallkompost zuhauf. Auch die für die Pflanzen wichtigen Mikronährstoffe wie Bor, Selen oder Molybdän gelangen über die organischen Reste aufs Feld. Und: der Kohlenstoff im Kompost hilft, Humus aufzubauen. Das verbessert die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens - eine wichtige Eigenschaft in Zeiten des Klimawandels.
Gute Ernteerträge mit Kompostdünger
Auch Biolandwirt Johannes Kreppold aus dem schwäbischen Aichach ist Projektpartner von ProBio. Er schwört auf die Düngung mit Komposten. "Bei der mineralischen Düngung sagt man: die Pflanze hat Bedarf an Nährstoffen - Stickstoff, Phosphat, Kali. Und das düngt man dann der Pflanze ins Maul. Mit der Kompostdüngung versucht man, den Boden so fit zu machen, dass er der Pflanze alles zur Verfügung stellt, was sie braucht, um sich gesund zu ernähren."
Seit vielen Jahren arbeitet er erfolgreich mit seinem betriebseigenen Kompost aus Rindermist, Baumschnitthäcksel und Gesteinsmehl. Seine Ernteergebnisse können sich sehen lassen: Zehn Tonnen Körnermais pro Hektar oder sechs Tonnen Backweizen. Für das Forschungsprojekt vergleicht er auf seinen Feldern nun die Wirkung von Bioabfall- und Grüngutkomposten mit der seines eigenen Komposts. Sein Fazit: "Ich habe sehr gute Erfahrungen mit meinem eigenen Kompost und würde nicht sagen, dass die anderen Komposte viel schlechter sind."
Nährstoffe im Überfluss
Die Forschungsergebnisse von ProBio zeigen bislang: Bioabfallkomposte wirken je nach Standort und Fruchtfolge unterschiedlich, aber durchweg positiv: Auf das Bodenleben, den Humusgehalt, die Pflanzengesundheit und auch auf den Ertrag. Rund 2,7 Millionen Tonnen zertifizierter Bioabfallkompost stehen theoretisch jährlich in Deutschland für die Biolandwirtschaft zur Verfügung - ein riesiger Nährstoffcocktail, ausreichend für über eine Million Hektar Fläche. Genutzt wird bislang nur ein Bruchteil.
Allein der jährliche Phosphor-Bedarf von Öko-Getreide ließe sich bereits mit etwa fünf Tonnen Kompost pro Hektar decken. Und es ständen noch weit mehr Nährstoffe zur Verfügung. Doch da sind die Verbraucher gefordert: Wer diese Art von Kreislaufwirtschaft unterstützen will, wirft in die Biotonne nur das, was auch wirklich rein gehört.