Ackerpflanzen Klimawandel treibt Pilzbefall voran
Pilze wachsen gut, wenn es feucht und warm ist - auch auf Ackerpflanzen. Das dürfte unter zukünftigen Klimabedingungen zum Problem werden. Denn so können sie sich auch schneller an Pflanzenschutzmittel anpassen.
Wird das Klima zukünftig immer feuchter und wärmer, werden auch mehr Pilze Ackerpflanzen befallen, erklärt Remco Stam. Er ist Phytopathologe an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und beschäftigt sich mit Erkrankungen von Kulturpflanzen. Denn Pilze wachsen besonders gut, wenn es feucht und warm ist. "Und in dem Sinne kann ich jetzt schon ohne ein Modell anzugucken vorhersagen: Wenn es öfter Schauer gibt und ein bisschen wärmer wird, wird sich das bestimmt auf Pilzbefall auswirken", so Stam.
Was das bedeutet, kann man jetzt schon beobachten. Stam und seine Kolleginnen und Kollegen haben beispielsweise Versuche mit einem Krankheitserreger der Gerste gemacht, der die Ramularia-Blattfleckenkrankheit verursacht.
"Diesen Krankheitserreger sehen wir eigentlich erst seit den 80er-Jahren als problematisch an. Also vorher war er eigentlich immer in der Pflanze oder auf der Pflanze zu finden, aber man hat nie geahnt, dass die Flecken irgendwann mal bedeutungsvoll werden könnten", so Stam. Inzwischen gebe es vor allem in Süddeutschland Ernteausfälle zwischen 20 und 30 Prozent, wenn die Krankheit unbehandelt bleibt.
Lebensmittelsicherheit bedroht
Im Extremfall könnten ganze Lebensmittel zukünftig wegfallen, weil sie von Pilzen befallen sind, erklärt Brajesh Singh. Er ist Umweltmikrobiologe an der Western Sydney University. Eines der Beispiele ist eine Bananenkrankheit namens Panama-Krankheit. Sie sei so tödlich, sagt Singh, dass sie die Bananen in den Gebieten, in denen sie vorkommt, ausrotten werde, wenn nicht in naher Zukunft eine Lösung gefunden wird.
"Das ist ein extremes Beispiel. Aber viele Pilze haben sehr starke Auswirkungen, die je nach Schwere der Krankheit zu Produktivitätsverlusten von 20, 30 oder 40 Prozent führen. Sie können sich also ein Bild davon machen, welche Auswirkungen dies auf die weltweite Ernährungssicherheit haben wird."
Fungizide führen zu Resistenzen
Auch Weizen, Reis, Kartoffeln oder Soja werden jetzt schon von Pilzen befallen, und Landwirtinnen und Landwirte haben enorme Verluste. Mit fortschreitendem Klimawandel wird das Problem noch größer werden. Bisher kommen gegen Pilze vor allem chemische Mittel, also Fungizide, zum Einsatz. Das sei schon jetzt teilweise problematisch, sagt Biologe Singh. Mikroben können sich sehr schnell vermehren und damit auch schneller weiterentwickeln. Und so können sie sehr schnell eine Resistenz gegen Chemikalien entwickeln.
Zukünftig noch mehr Resistenzen
Ist es wärmer und feuchter, können sich Pilze noch schneller an die chemischen Stoffe anpassen, und es kommt noch früher zu Resistenzen. Ganz ohne Chemie werde die Landwirtschaft auch zukünftig nicht auskommen, so Wissenschaftler Stam.
Zusätzlich sollten aber andere Methoden genutzt werden. "Wir müssen unsere Pflanzen unter extremeren Bedingungen testen. Also mehr Trockenheit und mehr Nässe", meint Stam. Findet man so bei Wildarten Resistenzen gegenüber Pilzen, könnten diese mithilfe von grüner Gentechnik in unsere Kulturpflanzen eingebracht werden.
Mikroben als Schutz
Biologe Singh hat noch einen anderen Vorschlag, wie künftig mit schädlichen Pilzen umgegangen werden kann. Denn ähnlich wie beim Menschen können bestimmte Mikroorganismen, wie Bakterien, Viren oder andere Pilze, auch Pflanzen vor krankmachenden Keimen schützen. "Wir wissen, dass die Pflanzen die Fähigkeit haben, nützliche Mikroben anzuziehen, die sie schützen können. Man zielt also auf diese nützlichen Mikroben ab und bringt sie in geordneter Weise auf die Pflanze auf, damit sie sie schützen können", so Singh.
Alternativ könnten Stoffe auf Ackerpflanzen aufgetragen werden, die für die hilfreichen Mikroben attraktiv wirken. Der Vorteil wäre so, dass auch diese Mikroorganismen sich schnell an Veränderungen anpassen können. So könnte das Rennen um gesunde Kulturpflanzen im Klimawandel doch noch gewonnen werden.