Fußball und Klimaschutz So klimafit ist die Bundesliga
Die Fußball-Bundesliga ist in eine neue Saison gestartet. Zum ersten Mal müssen die Erstligisten in diesem Jahr Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Wie stehen die Vereine da in puncto Klimaschutz?
Bundesweit machen sich an einem Fußballwochenende über eine Million Fans auf dem Weg in die Stadien. Obwohl die Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr bei vielen Erstligisten mit im Stadionticket enthalten ist, kommen die meisten Fans noch immer mit dem Auto. Knapp zwei Drittel der CO2-Emissionen entstehen im Fußball so durch die Fan-Mobilität.
Bei der TSG Hoffenheim soll sich das bald ändern, aber das wird nicht einfach. Stefan Wagner ist für die nachhaltige Entwicklung bei der TSG zuständig. Er kennt die Probleme beim eigenen Verein: "Man muss auch ehrlich sein: Wir sind ein Stadion im ländlichen Raum. Wir sind mitten an der A6 gelegen. Die meisten Menschen kommen mit ihrem eigenen Pkw. Das ist eine echte Herausforderung."
Die letzte Meile
Die TSG will das Thema der Fan-Mobilität künftig stärker angehen: Positive Anreize setzen, die letzte Meile vom Bahnhof attraktiver machen und mit den Verkehrsbetrieben reden. Wie das genau gehen soll, sei noch offen, klar ist nur: Sie wollen die Fans bei dem Schritt zu mehr Nachhaltigkeit mitziehen.
Schon jetzt ist der Klimaschutz in der Arena präsent. Neben motivierenden Fanplakaten schmücken Aufforderungen zu mehr Klimaverantwortung den Spielfeldrand: "Neues Denken für ein sauberes Spiel" oder "Zero Waste, alles andere ist Müll". Ein Motto, dem der Verein viel Aufmerksamkeit widmet: "Wir nennen das Projekt 'Race-to-Zero'. Wir wollen auf null Restmüll kommen", sagt Wagner. Derzeit beträgt die Recyclingquote 87 Prozent. Alles ließe sich noch nicht recyclen, umso wichtiger sei es, den Müll im Voraus zu vermeiden: Getränke gibt es im Hoffenheimer Stadion in Mehrwegbechern, die Stadionwurst im Brötchen, inzwischen auch in einer veganen Variante.
Klimaverantwortung im Stadion
Bereits bei der Planung des Stadions wurde der Umweltgedanke mitgedacht: "Den Regen, der hier auf das Stadiondach fällt, sammeln wir in einer großen Regenwasserzisterne und nutzen das insbesondere für die Bewässerung des Rasens hier und auch für die Toilettenspülung", erklärt der Nachhaltigkeitsbeauftragte Wagner. 350.000 Liter Regenwasser stehen dem Verein so zur Verfügung. Das mindert den Frischwasserverbrauch für die aufwendige Pflege des Rasens im Stadion.
Bevor die Spieler über den Platz laufen, wird vor einem Spiel der Rasen nochmal auf die optimale Länge getrimmt. Was an Schnittgut anfällt, ist allerdings mehr als nur Kompost, sagt Wagner: "Wir trocknen den Rasenschnitt hier direkt am Stadion und ersetzen bei Autogrammkarten damit einen Papieranteil. Auch Handyhüllen haben wir schon daraus gemacht." Ein großes Poster im Stadioninneren zeigt das Ergebnis: 1,7 Tonnen neues Papier aus zwei Tonnen TSG-Rasen.
Nachhaltiges Energiekonzept
Die "Greenkeeper", die Rasenpfleger, tragen die Klimaverantwortung bei der TSG mit und arbeiten stetig daran, noch klimaschonendere Methoden für die Rasenpflege zu entwickeln. Um den Rasen im Sommer kühl zu halten, werde aktuell getestet, ob die warme Luft nachts durch Ventilatoren herauszubekommen sei, sagt Wagner.
Auf 10.000 Quadratmetern produzieren die Hoffenheimer Strom aus Sonnenenergie. Ihre Solaranlage gehört damit zu den größten der Liga, weiß Thomas Fischer. Er ist Experte für Umweltmanagement und Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. "Hoffenheim ist bei der Eigenstromproduktion über Solarpaneele mit über einer Million Kilowattstunden Strom pro Jahr ganz vorne mit dabei. Da spielen sie schon in der Champions League", ordnet Fischer ein.
Klimaschutz in Kinderschuhen
In der gesamten Liga gebe es aber nur wenige Vereine, die solche beispielgebenden Maßnahmen umsetzen, sagt Fischer: "Den einen Verein, der schon alles richtig macht, den gibt es noch nicht. Bislang ist es den Bundesligisten noch nicht gelungen, voneinander zu lernen und ein Netzwerk aufzubauen." In der Verantwortung sieht er hier die Deutsche Fußballliga. Zu lange habe man dort die Verantwortung und Organisation für Klima- und Umweltschutz nicht wahrgenommen. Man stecke bei dem Engagement noch immer in den Kinderschuhen.
Jetzt heißt es laut Fischer vor allem, Ziele zu erarbeiten, die verpflichtend zur Einsparung von CO2 sind: "Die Bundesliga ist von der Klimaneutralität so weit entfernt wie der FC Augsburg von der Champions League. Das heißt also, das sind Lichtjahre, die dazwischen liegen", so der Klima-Experte.
Profifußball in der Vorbildfunktion
Dass der Fußball im Klimaschutz eine Menge bewegen kann, darin sind sich alle einig. Fischer resümiert: "Der Fußball hat in Deutschland einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Das heißt, er kann auch als Multiplikator in die Gesellschaft hineinwirken und vorleben, was Klimaschutz bedeutet." Seiner Einschätzung nach müsse man sich dieser Herausforderung in Zukunft deutlich stärker annehmen.
Diese Meinung teilt Wagner von der TSG Hoffenheim: "Wir denken, dass der Profifußball sich der Verantwortung stellen muss, damit er seine Akzeptanz in der Gesellschaft behält. Wir schaffen nicht alles auf einmal, insofern ist alles, was Kritik ist, immer zugleich auch Aufgabe und Herausforderung." Am Ende komme es auf den Einsatz von allen an: Vereine, Liga und der Fans.