Umweltschutz Was bedeutet der Erdüberlastungstag?
Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse - und die Deutschen sind besonders verschwenderisch. Der heutige Tag gilt als deutscher Erdüberlastungstag. Was bedeutet das? Und wo stehen wir im internationalen Vergleich?
Was bedeutet der Erdüberlastungstag?
Die Bundesbürger haben nach Berechnungen von Umweltschützern bereits heute ihre ökologischen Ressourcen für das gesamte Jahr 2023 aufgebraucht. Der symbolische Tag wird jährlich vom Global Footprint Network errechnet. Die Deutschen haben also beispielsweise mehr Fisch gegessen, mehr Bäume abgeholzt, mehr Müll produziert und mehr CO2 ausgestoßen als ihnen rechnerisch zur Verfügung steht. Das bedeutet, ab Freitag leben wir über unsere Verhältnisse. Das geht laut NGOs dann auf Kosten künftiger Generationen - und auf Kosten der Umwelt.
Wie berechnet sich die Überlastung?
Grundlage sind die sogenannte Biokapazität - also die Fähigkeit der Erde, Dinge zu produzieren, die wir brauchen, und unseren Abfall aufzunehmen - und der ökologische Fußabdruck. "Dafür werden verschiedene Dinge, die eigentlich nur schwer zu vergleichen sind, in Fläche umgerechnet, um sie so in Relation setzen zu können", so Laura Henn, Nachhaltigkeitsforscherin an der Uni Hohenheim. Der Fußabdruck wird in "globalen Hektar" berechnet.
Also etwa: Wie viel Fläche würde es brauchen, um die CO2-Emissionen Deutschlands aufzunehmen? Oder wie viel Ackerfläche wäre nötig, um die Menge Fleisch bereitzustellen, die in Deutschland gegessen wird? Aus den Daten aus Deutschland haben die Umweltschützer errechnet, dass die Menschheit drei Erden bräuchte, wenn alle so verschwenderisch leben würden wie wir.
Berechnet werden die Stichtage vom Global Footprint Network, einer Denkfabrik aus den USA. Diese greift dafür auf verschiedenste wissenschaftliche und wirtschaftliche Daten und Zahlen etwa der Vereinten Nationen und von Universitäten zurück. Ein großer Faktor bei der Berechnung ist der CO2-Ausstoß eines Landes. Laut Umweltbundesamt sind die Berechnungen "trotz gewisser methodischer Mängel ein wichtiges Hilfsmittel, um jenseits der vielen Einzelmaßnahmen und Einzelindikatoren ein Gesamtbild über die Nachhaltigkeit unserer Lebensweise zu erhalten".
Wie hat sich Deutschland entwickelt?
Im vergangenen Jahr lag der Überlastungstag auch am 4. Mai - genau wie in diesem Jahr. Positiv ausgedrückt könnte man sagen: Deutschland hat sich immerhin nicht verschlechtert, obwohl der globale Überlastungstag seit Jahrzehnten immer weiter nach vorne rückt. Vor 25 Jahren lag der weltweite Stichtag noch im Oktober - 2022 lag er Ende Juli.
Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?
Im Vergleich aller Länder weltweit liegt Deutschland weit vorne, laut der NGO Germanwatch im oberen Viertel. An der Spitze stehen zwei kleine Länder - Katar und Luxemburg, die ihre Ressourcen für ein Jahr in nur etwa sechs Wochen aufbrauchen. Danach kommen Anfang März die USA und etwas später die europäischen Länder. Staaten wie Indonesien oder Jamaika verbrauchen die ihnen rechnerisch zustehenden Ressourcen erst im Dezember. Und es gibt auch viele Staaten, die die Erde gar nicht überlasten. Das sind vor allem ärmere Länder wie Kenia, Honduras oder Indien.
Was fordern Umweltschützer?
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte von der Bundesregierung, bis 2026 ein Ressourcenschutzgesetz mit verbindlichen Schutzzielen zu verabschieden. Es müsse sich auf Böden und Flächen, Acker- und Weideland, Fischgründe, Wald und Holz beziehen. "Der Ressourcenverbrauch muss bis 2050 um 85 Prozent sinken - bis 2030 um 50 Prozent", heißt es in einem Positionspapier. Insbesondere die Automobil- und Chemieindustrie müssten sich neu aufstellen.
Germanwatch sieht vor allem den zu hohen Energieverbrauch, den hohen CO2-Ausstoß im Verkehr und die Massentierhaltung sowie die Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser als Problem. "Die CO2-Emissionen in Deutschland müssten dreimal so schnell sinken wie bisher. Zugleich müssen wir den Rohstoffverbrauch minimieren", sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der NGO.
In der Kreislaufwirtschaft sieht die Deutsche Bundesstiftung Umwelt großes Potenzial, um die Übernutzung zu reduzieren. Notwendig sei sie in allen Sektoren, sagte der Generalsekretär Alexander Bonde. Zudem sollten Wohlstand und Wertschöpfung breiter bemessen werden: "Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg sollte nicht nur das Bruttosozialprodukt, sondern auch der ökologische Fußabdruck sein."
Was kann jeder Einzelne tun?
Laut Nachaltigkeitsexpertin Henn gibt es vier große Hebel, mit denen jeder und jede Einzelne den eigenen Fußabdruck schon erheblich verringern kann. "Das ist der Verzehr von Fleisch und tierischen Produkten, die sehr ressourcenintensiv sind, Autofahrten, Flugreisen, und die Art und Menge der Heizenergie." Generell müsse der Konsum von Ressourcen deutlich sinken. Dabei gehe es aber nicht nur um ein Weniger, sondern auch um ein Umdenken: Pendeln oder reisen sei auch mit anderen Verkehrsmitteln möglich und eine fleischreduzierte Ernährung heutzutage ohne große Einschränkungen möglich.
Wer seinen eigenen Fußabdruck ermitteln möchte, kann dies beispielsweise mit dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes tun.