Rohstoffabbau von "Seltenen Erden" in China

Seltene Erden Rohstoffe für die Klimawende

Stand: 31.03.2023 16:44 Uhr

Der Bedarf an seltenen Erden wächst durch die Klimawende. Sie sorgen für die nötige Effizienz in Windrädern, Elektromotoren und LED-Lampen. Ihr Abbau ist bislang jedoch alles andere als nachhaltig.

Von Barbara Berner, HR und Nadine Gode, SWR

"Vor allem für die Energiewende sind seltene Erden entscheidend", sagt Martin Erdmann. Als Rohstoffexperte arbeitet er an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. Sie berät die Bundesregierung in Sachen Klimaschutz. Die seltenen Erden, so der Wissenschaftler, würden zum Beispiel in Elektromotoren oder in den Turbinen von Windkraftanlagen dringend benötigt, um hier eine hohe Effizienz zu erzielen.

Bis zu drei Kilogramm der Metalle stecken in einem Elektroauto, in einem Offshore Windrad sogar bis zu 300 Kilogramm. Um die gesteckten Klimaziele 2045 zu erreichen, seien die Steine alternativlos. Doch der Abbau ist bislang alles andere als nachhaltig.

Europa ist zu abhängig

Obwohl der Name anderes vermuten lässt, sind seltene Erden nicht wirklich selten. Vielmehr treten sie häufig in sehr geringen Konzentrationen auf, was den Abbau der Metalle erschwert. Dieser lohnt sich daher nur an wenigen Lagerstätten. Fast die Hälfte der Welt-Produktion stammt aus China. Und auch Russland und Brasilien gehört zu den Ländern mit den größten Reserven, was Europa in eine wachsende Abhängigkeit treibt.

17 Metalle müssen separiert werden. Das ist aufwendig und mit einem hohen Risiko für die Umwelt verbunden. Das größte Umweltproblem: Radioaktive Abwässer kontaminierten die Böden.

Große Umweltproblematik beim Abbau

Der problematische Umweltstandard wurde lange ignoriert: "Gerade aufgrund der Umweltproblematik war es auch nicht attraktiv für andere Länder, in die Produktion einzusteigen. Und man hat sich einfach stark darauf verlassen, dass die Rohstoffe aus China kommen. Mit der aktuellen politischen Entwicklung hat man gesehen, dass gerade solche Abhängigkeiten sehr kritisch sein können", ordnet Erdmann ein.

Julian Kamasa forscht im euro-atlantischen Sicherheitsteam an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Im Interview mit der KlimaZeit verdeutlicht er: "Letztendlich geht es ja auch darum, dass wir Verantwortung für unsere Klimaziele übernehmen und diese Verantwortung nicht an Staaten delegieren, die wesentlich tiefere Umwelt- und Sozialstandards haben".

Seltene Erden aus Europa?

Anfang dieses Jahres wurden Jubelrufe wegen eines seltenen Erden Fundes in Schweden laut: über eine Million Tonnen - vermutlich das bislang größte Vorkommen in Europa. Doch, dass dieser Fund für die Energiewende und Europas Unabhängigkeit reiche, sei unwahrscheinlich: "Das hängt stark von der mineralischen Konzentration von den einzelnen dieser 17 seltenen Erdmetallen ab. Also ob wir dann den Bedarf, der ja wahrscheinlich sehr, sehr stark steigen wird, wirklich selber decken können - das wage ich zum heutigen Zeitpunkt noch zu bezweifeln", wägt Kamasa ab.

Um dennoch einen positiven Einfluss auf die Umweltproblematik beim Abbau und der Weiterverarbeitung zu haben, schlägt der Wissenschaftler eine Art Eintrittsticket für den EU-Binnenmarkt vor. Dieses bestehe darin, dass bestimmte Umweltstandards eingehalten werden müssen, um die seltenen Erden auf den europäischen Binnenmarkt einzuführen: "Man muss keine 'Rohstoffe-Supermacht' sein, um regulatorisch mit wirtschaftlichem Nachdruck etwas erreichen zu können. Und wenn man sich das wirtschaftliche Gewicht des EU-Binnenmarkts vor Augen führt, dann denke ich, könnte das durchaus klappen."

Mehr Recycling, weniger Abhängigkeit

Obwohl seltene Erden schwer abbaubar sind, gibt es im Bereich des Recyclings noch Nachholbedarf: "Es gibt sehr viele Forschungsprojekte, die sich gerade damit beschäftigen, wie seltene Erden zurückgewonnen werden können. Allerdings bedarf es dafür größere Rückläufe. Diese sind frühestens in zehn Jahren zu erwarten, wenn die größeren Windkraftanlagen die erste Generation zum Recycling zurückgeführt werden", erklärt Rohstoffexperte Erdmann.

Vom Sondermüll zur nachhaltigen Wiederverwertung wird es noch einige Jahre dauern. Doch mit dem zunehmenden Bedarf für eine saubere Energiewende wird auch das Recycling immer wichtiger werden.

Dieses Thema im Programm: Über das Thema berichtete tagesschau24 in der KlimaZeit am 31. März 2023 um 19:30 Uhr