Das Thwaites-Schelfeis in der südwestlichen Antarktis

Schmelze in Antarktis Drei Billionen Tonnen Eis weniger

Stand: 22.03.2023 17:03 Uhr

Der Eisschild in der Antarktis schmilzt - wie stark, das haben Forscher nun berechnet. Seit 1996 sind allein in der Region der Amundsensee rund drei Billionen Tonnen verschwunden. Das hat auch Folgen für den weltweiten Meeresspiegel.

Von Alexander Steininger, tagesschau.de

In der westlichen Antarktis sind in den vergangenen gut 25 Jahren etwa 3,3 Billionen Tonnen Eis verloren gegangen. Das geht aus einer neuen Studie im Fachmagazin "Nature Communications" hervor. Die Forscher untersuchten dafür unter anderem mithilfe von Satellitendaten und regionalen Klimamodellen die Eismassen in der Region der Amundsensee.

Zehn Meter dicke Eisschicht über ganz Deutschland

"Das ist eine ganz erhebliche Menge", kommentiert Torsten Albrecht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gegenüber tagesschau.de die Analyse. "Zum Vergleich: Mit der Masse könnte man über ganz Deutschland eine etwa zehn Meter hohe Eisschicht legen." Zwar sei dies nur ein Bruchteil der gesamten Eismasse der Antarktis. Aber die Westantarktis bildet laut Forschern des PIK einen von rund einem Dutzend Kipppunkten im Klimasystem.

Laut den Studienautoren hat allein der von ihnen berechnete Eisverlust den weltweiten Meeresspiegel um fast einen Zentimeter ansteigen lassen. "Wenn wir dabei bedenken, dass seit Beginn der Industrialisierung der Meeresspiegel um etwas mehr als 20 Zentimeter gestiegen ist - und ein großer Teil davon nur auf die größere Ausdehnung des wärmeren Wassers zurückzuführen ist - wird deutlich, welche Dimension dieses Ereignis hat auf globaler Ebene", so Albrecht. Insgesamt ist in der Region genügend Eis und Schnee vorhanden, dass der Meeresspiegel um einen Meter steigen könnte, wenn alles schmelzen würde.

Karte von der Antarktis mit der Amundsensee

Nicht genügend Schneefall

Verantwortlich für den Verlust der Eismassen in der Amundsensee sind vor allem Veränderungen der Meerestemperatur und eine veränderte Strömung, die zu Schelfeisverlust und einer schnelleren Fließgeschwindigkeit der Gletscher führen. Dadurch bricht mehr Eis von den Gletschern ab und treibt ins Meer - Forscher sprechen von "Abkalben".

Auf diese Weise geht zwar permanent Eis verloren; normalerweise werden die Verluste jedoch durch Schneefall auf der Oberfläche der Eismassen und über der Landmasse wieder ausgeglichen. In dem Beobachtungszeitraum war dies aber nicht mehr der Fall. "Dieses Ungleichgewicht bedeutet insgesamt einen Nettoverlust an Eismasse", erklärt Albrecht.

So gab es laut der Studie einige Jahre mit sehr wenig Schneefall, etwa der Zeitraum von 2009 bis 2013. In dieser Zeit war der Eismasseverlust besonders hoch. Doch auch die Jahre 2019 und 2020, in denen besonders viel Schnee fiel, konnten den absoluten Verlust nicht ausgleichen.

Weitere Verluste erwartet

Die Forscher blicken aufgrund ihrer Ergebnisse auch nicht sehr optimistisch in die Zukunft: "Die 20 Gletscher in der Westantarktis haben im letzten Vierteljahrhundert sehr viel Eis verloren, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich dieser Prozess in absehbarer Zeit umkehren wird", erklärte der Hauptautor der Studie, Benjamin Davison von der Uni Leeds.

Laut Eisforscher Albrecht wird es zwar wahrscheinlich mehr Schneefall geben in der Zukunft. "Doch das allein wird nicht reichen, um die Verluste durch die zunehmende Erderwärmung auszugleichen. Das bedeutet, dass der Eisverlust voranschreiten wird."