Altersforschung Taurin lässt Nager länger leben
Die Konzentration von Taurin, einer wichtigen Aminosäure, nimmt im Körper mit steigendem Alter ab. Forschende haben nun untersucht, was das für einen Effekt hat - und wie man ihn verhindern könnte.
Länger leben dank Taurin - eine solche Schlagzeile dürfte die Hersteller von Energydrinks freuen, denn da sorgt Taurin unter anderem für den Energie-Boost. Aber auch sonst kommt Taurin natürlicherweise in unserem Körper vor - mit steigendem Alter allerdings immer weniger. Die Folgen hat nun ein internationales Forschungsteam genauer untersucht.
Taurin kommt nicht nur in Energy-Drinks vor
Taurin kennen die meisten wohl als Bestandteil von Energydrinks. Was aber viele nicht wissen: Die Aminosäure Taurin kommt auch ganz natürlich in unserem Körper vor. Wir nehmen sie über Lebensmittel tierischer Herkunft auf und unser Körper stellt sie selbst her.
Im menschlichen Stoffwechsel hat Taurin einige wichtige Funktionen, zum Beispiel bei der Energieproduktion. Nicht verwunderlich also, dass ein Taurinmangel zu negativen Konsequenzen führen kann.
Mäuse mit Taurin leben länger
Wie weitreichend die Folgen eines Taurinmangels sind, hat ein internationales Forschungsteam genauer untersucht. Bisher war lediglich bekannt, dass sich mit steigendem Alter weniger Taurin im Körper befindet. Außerdem kann Taurin Bluthochdruck senken oder das Wohlbefinden von Parkinson-Patienten verbessern, sagt Sebastian Grönke vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln gegenüber dem Science Media Center Deutschland. Grönke war selbst nicht an der Studie beteiligt.
Die Ergebnisse der neuen Untersuchung zeigen: Mit steigendem Alter sinkt die Taurinmenge im Blut. Im Zusammenhang damit treten typische Alterskrankheiten häufiger auf, wie beispielsweise Diabetes Typ 2 oder hohe Cholesterinwerte.
Noch viel erstaunlicher ist jedoch der Effekt, den die Forschenden beobachteten, als sie Versuchstiere zusätzlich mit Taurin fütterten. Mäuse mit Tauringabe lebten im Schnitt etwa zehn Prozent länger als ihre Artgenossen ohne Taurin, und sie entwickelten erst später alterstypische Erkrankungen. Auf den Menschen übertragen wären das etwa acht Jahre mehr Lebenszeit. Auch bei Würmern und Affen zeigten sich ähnliche Ergebnisse.
"Übertragung auf Menschen bleibt die Studie schuldig"
Wissenschaftler bewerten die Ergebnisse positiv. Da frühere Studien den Taurinmangel im Zusammenhang mit dem Altern nicht untersucht haben, sei die aktuelle Studie von großem Wert, so Clara Correia-Melo. Sie leitet die Forschungsgruppe Mikrobiom und Metabolismus am Leibniz-Institut für Alternsforschung (FLI) in Jena.
Bei der Studie seien viele Facetten bei verschiedenen Tiermodellen untersucht worden, sagt auch Kristina Norman, Leiterin der Abteilung Ernährung und Gerontologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). "Aber solange das nicht auch eindeutig beim Menschen gezeigt worden ist, kann keine Aussage zum Einsatz und zum Effekt bei Menschen getroffen werden."
Generell, so Norman, sei es unwahrscheinlich, dass ein einzelner Nährstoff den komplizierten Alterungsprozess allein beeinflussen könne. Die Ergebnisse seien spannend, aber es gebe einige vergleichbare Substanzen, die mit Langlebigkeit in Verbindung gebracht werden. "Die Übertragung auf Menschen bleibt uns die Studie schuldig. Es ist wirklich schwierig, Langlebigkeit bei Menschen zu untersuchen."
Sport fördert eigene Taurinbildung
Die Forschenden spekulieren auch, ob die positiven Effekte von Sport in Teilen auf die Bildung von Taurin zurückzuführen sind. In der Studie stiegen die Taurin-Level im Blut der Testpersonen nach einem Belastungstest an.
Biologe Grönke betont, dass neben Taurin auch andere Faktoren für die Wirksamkeit von Sport und Bewegung verantwortlich sind: "Der positive Effekt von Sport auf unsere Gesundheit wird sicher nicht nur durch eine vermehrte Taurinbildung verursacht. Daher sollte man auch im Alter nicht auf Bewegung oder Sport verzichten."
Selbstbehandlung nicht ratsam
Die Erkenntnisse aus Tierversuchen lassen sich allerdings nicht einfach in eine pauschale Taurin-Einnahme zur Vorbeugung von Alterskrankheiten übertragen. Dafür sind zunächst klinische Studien notwendig, um die Wirkung von Taurin genauer zu untersuchen und die geeignete Dosis zu bestimmen. Außerdem könnte die Wirkung von der Kombination mit weiteren Nährstoffen abhängen.
Obwohl Taurin als Nahrungsergänzungsmittel frei verfügbar ist, ist eine Selbstbehandlung vorerst nicht ratsam: Um auf die für die Studie verwendete Dosis zu kommen, müsste ein erwachsener Mensch am Tag zwischen 10 und 20 Liter Energydrinks zu sich nehmen. Angesichts des hohen Koffein- und Zuckergehalts von Energydrinks ist das keine gute Idee. Gesundheitsbehörden empfehlen nicht mehr als sechs Gramm Taurin am Tag zu sich zu nehmen - so viel, wie in 1,5 Litern Energydrinks enthalten ist.