Ernährung Was dran ist am Intervallfasten
Intervallfasten soll besonders effektiv und dazu noch gut für den Stoffwechsel sein und sogar Herz-Kreislauferkrankungen und Demenz vorbeugen können. Die Studienlage dafür ist aber dünn.
Low-Carb, Paleo, Stoffwechseldiät. Wer Gewicht reduzieren möchte, sieht sich häufig erst einmal mit einer schier unendlich wirkenden Zahl an möglichen Diätformen konfrontiert.
Besonders populär ist gerade das Intervallfasten. Dabei nehmen Menschen in bestimmten Intervallen gar keine feste Nahrung zu sich. Zum Beispiel essen sie 16 Stunden lang nichts, in den verbleibenden acht Stunden wenige Mahlzeiten. Oder sie essen zwei volle Tage keine feste Nahrung und fünf Tage lang wie gewohnt.
Dem Intervallfasten wird nachgesagt, dass man damit nicht nur besonders schnell abnehmen kann. Auch der Stoffwechsel, das Herz-Kreislaufssystem und sogar das Gedächtnis sollen sich durch das Fasten stark verbessern können.
Geringer bis mäßiger Abnehmerfolg
Schon beim Abnehmen hilft Intervallfasten aber nicht allen, sagt Christian Sina vom Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Lübeck. "Manche können damit hervorragend abnehmen, manche gar nicht, und einige nehmen darunter sogar zu", so Sina. Insgesamt nähmen Menschen auch nur zwischen drei und sechs Prozent ihres Körpergewichts in einem Jahr ab.
Stefan Kabisch von der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charité in Berlin formuliert es deshalb sogar noch drastischer: "Derzeit gibt es beim Menschen keinen nachgewiesenen Vorteil für das Intervallfasten beim Abnehmen", so der Studienarzt.
Entscheidend ist, was gegessen wird, nicht wann
Beide Forschenden sind sich einig: Will man Gewicht verlieren, ist das Zeitintervall, in dem man isst oder fastet, nicht so wichtig. Entscheidender ist, was genau man in den Fastenpausen zu sich nimmt. Und ob man die Ernährungsumstellung wirklich durchhalten kann.
Vorteile für Stoffwechsel nur bei Mäusen
Auch was die vermeintlichen positiven Auswirkungen des Intervallfastens auf den Stoffwechsel, das Herz- Kreislaufsystem, Krebserkrankungen oder auch Gedächtnisleistungen angeht, sind die beiden Forschenden skeptisch.
In Studien mit Mäusen hätten sich so zwar beeindruckende Ergebnisse gezeigt. Vor allem bei jungen, weiblichen Mäusen verbesserte sich der Stoffwechsel, es gab weniger Entzündungen und Krebs wurde verlangsamt, verzögert oder vermieden. Sogar das Lebensalter der Mäuse wurde durch das Intervallfasten verlängert. Ähnliches lässt sich bei bestimmten Wurm- und Milbenarten beobachten.
"Beim Menschen hat es sich bislang gar nicht gezeigt", so Kabisch. Das liege vor allem daran, dass die bisher vorgenommenen Studien zum Intervallfasten viel zu kurz seien, um spät auftretende Erkrankungen untersuchen zu können. "Demenz, Krebserkrankung und Herzinfarkte. Das braucht zehn, 20, 30 Jahre, um so etwas zu beurteilen. Und die längste Intervallfasten-Studie, die mir erinnerlich ist, ging ein Jahr", sagt Stefan Kabisch.
Körpereigene Müllabfuhr aktiv
Das bedeute nicht, dass es beim Menschen überhaupt keine Effekte gäbe, so Christian Sina aus Lübeck. "Das zugrunde liegende Konzept der Autophagie, also die Aktivierung der zelleigenen oder körpereigene Müllabfuhr, das hat man auch im Menschen zeigen können." Auch der Blutdruck könnte in Einzelfällen mithilfe von Intervallfasten schon positiv beeinflusst werden. Insgesamt seien aber noch viel längere Studien bei Menschen nötig, um sagen zu können, ob und wie sich diese möglichen, kleinen Änderungen wirklich langfristig auf die Gesundheit auswirken.
Nebenwirkung Muskelabbau
Dafür gibt es aber auch bekannte unerwünschte Nebenwirkungen vom Intervallfasten, wie Stefan Kabisch erklärt. Denn dem vielfach unerwünschten Bauchfett kann man durch das Intervallfasten nicht gut auf die sprichwörtliche Pelle rücken.
Stattdessen verlieren viele Menschen durch die wenigen Mahlzeiten bei der Diätform überproportional viel Muskelmasse. Denn ihr Körper kann während der verbleibenden Mahlzeiten nicht ausreichend Eiweiß aufnehmen. Auch nicht, wenn die Mahlzeit besonders viele Proteine enthält, wie beim gerade populären Proteinfasten. Gerade für ältere Menschen kann dieser Muskelabbau zum Problem werden.
Keine Empfehlung fürs Intervallfasten
Kabischs Fazit ist deshalb auch klar: "Es gibt derzeit keinen Grund, Intervallfasten aktiv zu empfehlen. Wer das unbedingt machen möchte, sollte das zwingend in wirklich gut fachlich begleiteter Umgebung machen." Schon nach ungefähr zwei Wochen sollte man mit Blutwerten überprüfen, ob das Intervallfasten überhaupt positiv anschlägt, rät der Experte.