Gesundheitliche Folgen des Klimawandels Prima Klima für Pollen, Mücken und Zecken
Der Klimawandel ist da: Für Deutschland bedeutet das milde Winter, hochsommerliche Temperaturen schon im April und wenig Regen im Sommer. Klingt eigentlich ganz gut, mag der ein oder andere denken. Doch die klimatischen Veränderungen haben Folgen für die Gesundheit.
Von Wiebke Keuneke für tagesschau.de
Extreme Hitzeperioden mit bis zu 35 Grad und wochenlang kein Regen. Ein normales künftiges Szenario für die Sommer in Deutschland, wie Gerd Jendritzky vom meteorologischen Institut der Universität Freiburg es beschreibt. Er befasst sich mit dem Einfluss der Klimaveränderung auf die Gesundheit des Menschen. Die Temperaturen werden laut Jendritzky im Jahresmittel bis 2050 vermutlich um zwei bis drei Grad steigen.Vor allem ältere Menschen werden dann vermehrt mit Herz-Kreislauf-Problemen und Austrocknung zu kämpfen haben.
Mücken und Zecken überleben
Da es für viele Stechmücken nördlich der Alpen nicht mehr zu kalt ist, wird sich in der Folge möglicherweise das Denguefieber ausbreiten, erklärt der Präsident des Robert-Koch-Instituts Jörg Hacker. Außerdem sei die Zahl von Hantavirusfällen in Deutschland besorgniserregend hoch. Die milden Winter führen dazu, dass die Rötelmaus, der Wirt dieses Virus, besser überleben und sich vermehren kann. Die Wärme begünstigt zudem die Entwicklung von Zecken, die für die Übertragung der Hirnhautentzündung verantwortlich sind.
Pollen fliegen länger
Besonders vom Klimawandel betroffen sind die Pollenallergiker. „Unter den sich wandelnden Temperaturen ändern sich die Vegetationszeiten und das führt zu längeren Pollenflugzeiten“, erklärt Matthias Augustin, Allergologe am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg im Gespräch mit tagesschau.de. Dazu gibt es vermehrt Pollen, wie zum Beispiel Ambrosia oder Olivenbaumpollen, die an Orten verzeichnet werden, wo sie nicht hingehören – in Süddeutschland.
Angehende Forstwirte beseitigen Ambrosiapflanzen, um die Ausbreitung zu verhindern. Sie hat das weltweit stärkste Pollen-Allergen, das Tränen, Augenjucken, Kopfschmerzen und Heuschnupfen auslöst.
Fast 25 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden an Heuschnupfen – in den 60er Jahren waren es drei bis vier Prozent. Schuld ist aber nicht "nur" der Klimawandel, so Augustin. "Es gibt andere Faktoren, die viel gravierender für den Anstieg von Allergiegeplagten ist." Studien belegen, dass zum Beispiel die Rußbelastung in der Luft eine große Rolle spielt – wer nah an Hauptverkehrsstraßen wohnt, reagiert häufiger und schlimmer auf Pollen.
Mehr Freizeit in der Sonne
Darüber hinaus beobachten Dermatologen eine Zunahme der sonnenbedingten Schäden der Haut, die auf die kurzwellige ultraviolette Strahlung der Sonne zurückzuführen ist: vorzeitige Hautalterung, weißer Hautkrebs und schwarzer Hautkrebs. „Allerdings hat diese sogenannte UV-B-Strahlung in unseren Breiten wenn überhaupt nur in einem kaum messbaren Bereich zugenommen“, erklärt Carsten Stick, Direktor des Instituts für Medizinische Klimatologie an der Universität Kiel im Gespräch mit tagesschau.de. Die Menge an Hauterkrankungen ist vor allem durch unser Freizeitverhalten zu erklären. Die Menschen sind häufiger draußen, durch den Anstieg der Temperaturen gibt es mehr Tage im Jahr an denen man seine Freizeit in der Sonne verbringt. Dazu kommt der Tourismus in ferne Länder.
Ob die Hautkrankheiten in Deutschland zu- oder abnehmen werden durch den Temperaturanstieg, vermag Stick noch nicht zu prognostizieren. „Das Verhalten der Menschen ist thermisch motiviert“. Wenn das Wetter wärmer wird und die Menschen es als angenehm empfinden, werden sie mehr Zeit in der Sonne verbringen. Steigen die Temperaturen aber so sehr an, dass man die Zeit lieber im Schatten verbringt, könnte die Zahl der Hautkrebserkrankungen sogar wieder sinken.
Lieber in den Schatten: einfache Verhaltensveränderung kann Schlimmeres vermeiden
Die wahren Probleme zeigen sich woanders
Während man sich hierzulande durch geändertes Verhalten und mit einem intaktem Gesundheitssystem gegen die Folgen des Klimawandels wappnen kann, sieht die Lage in den Entwicklungsländern bedrohlicher aus. Missernten als Folge von Dürren oder Überschwemmungen treffen jene Menschen besonders hart, die schon mangelernährt sind. Ist zudem die medizinische Versorgung schlecht, sind die Menschen Infektionskrankheiten wie Cholera oder Malaria weitgehend schutzlos ausgeliefert. Zudem wird die Zahl der Klimaflüchtlinge steigen. Millionenstädte wie Mumbai und Dhaka in Bangladesh oder Inselstaaten wie Tuvalu sind sogar vom Untergang bedroht, wenn der Meeresspiegel weiterhin steigt. Auch bei den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zeigt sich also, dass die Verursacher nicht die Hauptleidtragenden sind.