Giftiges Tier im Mittelmeer Wie der Feuerwurm den Badeurlaub vermiesen kann
An manchen Mittelmeer-Küsten breitet sich der Feuerwurm aus. Eine Begegnung mit ihm kann schmerzhaft sein. Wie gefährlich der Wurm ist und was man sonst noch über ihn wissen sollte.
Experten warnen, Medien schreiben von der "Feuerwurm-Gefahr": Denn das giftige Tier breitet sich vor den italienischen Küsten gerade von Jahr zu Jahr weiter aus. Der Feuerwurm wird bis zu 30 Zentimeter lang. Auf den ersten Blick sieht er ähnlich aus wie ein großer Tausendfüßer, nur farbenfroher: orange-rot, teilweise grünlich. Doch den Kontakt mit seinen hellen Borsten an den Körperseiten sollte man dringend vermeiden.
- Wie gefährlich ist der Feuerwurm?
- Woher weiß man, dass man allergisch auf den Wurm reagiert?
- Was sollte man beachten, wenn man eines der Tiere berührt hat?
- Wofür hat der Feuerwurm überhaupt stachelige Borsten?
- Suchen Feuerwürmer die Nähe zu Menschen?
- Wie wahrscheinlich ist es, dass man den Tieren im Mittelmeer-Urlaub begegnet?
- Warum gibt es dieses Jahr so viele?
- Wie kann man die Ausbreitung der Tiere eindämmen?
Wie gefährlich ist der Feuerwurm?
Für die meisten Menschen kann ein Feuerwurm nicht wirklich gefährlich werden - aber unangenehm. Berührt man seine hauchdünnen Borsten, können diese in die Haut eindringen und brechen meist ab, sodass sie schwer zu entfernen sind. Diese Stachel beinhalten Gifte, die zu Hautirritationen führen. Sie verursachen Brennen, Juckreiz und Taubheit - und diese Irritationen können mehrere Tage andauern.
"Das ist schmerzhaft, ungefähr so schmerzhaft wie ein Bienenstich", sagt Christian Wild, Leiter der Abteilung "Marine Ökologie" an der Universität Bremen, im Gespräch mit tagesschau.de.
Beim Nationalen Institut für Ozeanographie und Geophysik (OGS) in Triest in Italien wurde in seltenen Fällen auch von Schwindel und Übelkeit berichtet. Solche Symptome weisen auf eine Allergie hin. Für Allergikerinnen und Allergiker kann eine Feuerwurm-Begegnung mitunter lebensbedrohlich sein. Laut Wild kommen allergische Reaktionen aber nur sehr selten vor.
Woher weiß man, dass man allergisch auf den Wurm reagiert?
Sicher wissen kann man es erst, wenn man Kontakt zu einem Feuerwurm hatte - und dann Symptome wie Übelkeit oder Kreislaufprobleme auftreten.
Laut Peter Schupp, Meeresbiologe an der Universität Oldenburg, äußert sich eine solche Allergie aber oft auch bei anderen natürlichen Giftstoffen. Wer also beispielsweise gegen Bienen- oder Wespenstiche allergisch ist oder schon einmal auf Quallen oder Korallen reagiert hat, könnte auch beim Feuerwurm anfällig sein - und sollte besonders aufpassen.
Was sollte man beachten, wenn man eines der Tiere berührt hat?
Die Borsten sollte man nicht von der Haut rubbeln, damit sie sich nicht weiter verteilen oder tiefer eindringen. "Ein Problem ist: Diese Borsten sind wirklich sehr fein und die haben Widerhaken. (...) Die sind eher vergleichbar mit Glaswolle oder sowas", sagt Schupp gegenüber tagesschau.de.
Am besten könne man die Stachel mit einem Klebestreifen entfernen, indem man diesen über die überstehenden Borstenteile legt und dann abzieht. Danach sollte man die Stelle desinfizieren. Behandeln kann man die brennende Wunde mit einer Kortison-Salbe. Auch Kühlen kann gegen die Schmerzen helfen.
Wer allergisch reagiert, sollte sicherheitshalber eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Wofür hat der Feuerwurm überhaupt stachelige Borsten?
Die Borsten dienen dem Wurm zur Verteidigung gegen Fressfeinde. "Die werden dann gepiekst von den Borsten (...), und dadurch werden Fraßfeinde eben verscheucht und die lernen dann, dass man diese Würmer am besten nicht versucht, zu fressen", erklärt Wild. Gerade wegen ihrer auffälligen, orange-roten Färbung sei ein guter Schutz wichtig, ergänzt Schupp.
Ein Interesse, Menschen zu "stechen", hat der Feuerwurm also nicht. "Er wird keine Menschen angreifen", sagt Wild. Denn Feuerwürmer ernähren sich nicht etwa von Blut, sondern von wirbellosen Tieren und Aas.
Suchen Feuerwürmer die Nähe zu Menschen?
Der sowohl tag- als auch nachtaktive Wurm habe generell kein Interesse an Menschen, sagt der Forscher:
"Also zutraulich sind sie auf keinen Fall. (...) Die sind auch lichtempfindlich. Das heißt, wenn man nachts mit einer Taschenlampe schnorchelt, dann sieht man sie wohl mit Glück, aber dann werden sie verschwinden. (...) Also in eine Höhle kriechen oder unter einen Stein, weil sie natürlich schon scheu sind und verhindern möchten, dass sie erbeutet oder gefressen werden."
Meeresbiologe Schupp stimmt dem zu: "Das ist einfach passiv, wenn Leute ins Wasser reingehen, sehen die nicht, treten drauf oder wollen sich abstützen an einem Felsen und schauen nicht hin, wo man hinlangt, dann kann es eben zu solchen Verletzungen kommen."
Feuerwürmer sind überwiegend nachtaktiv. In (sub-)tropischen Meeren gibt es sie nahezu weltweit.
Wie wahrscheinlich ist es, dass man den Tieren im Mittelmeer-Urlaub begegnet?
Je wärmer das Wasser, desto wohler fühlt sich der Feuerwurm - deshalb hält er sich eher im östlichen Mittelmeer und um Süditalien auf.
Generell findet man die Tiere hauptsächlich im Meer, seltener auch am Ufer auf Hartböden, Seegraswiesen oder im Sand. In seinem Urlaub auf der griechischen Insel Kreta seien sie häufig an Felsen zu sehen gewesen, berichtet Schupp: "Ich hab da ziemlich viel geschnorchelt und auf dem Sand hab ich nie Borstenwürmer gesehen, auf den Felsabschnitten aber schon."
Auch unter Steinen halten sich die Tiere laut Wild häufig auf - und auch er sagt: "Selten wird man sie direkt auf dem Sand finden." Denn dort würden sie kaum Nahrung finden.
Weil Feuerwürmer Aasfresser sind, ist die Wahrscheinlichkeit, auf sie zu stoßen dort erhöht, wo sich tote Tiere befinden.
Warum gibt es dieses Jahr so viele?
Das OGS in Triest führt die Ausbreitung des Wurms auf die steigenden Temperaturen im Mittelmeerraum zurück. Die Art gebe es dort zwar schon seit Jahrhunderten, aber seit 2018 werde sie jährlich häufiger gesichtet - vor allem nach starken Hitzewellen. "Diese Feuerwürmer kommen gut klar mit warmen Wassertemperaturen - viel besser als andere wirbellose Tiere", sagt Meeresbiologe Wild.
Ein zweiter Faktor ist, dass Feuerwürmer kaum Fressfeinde haben. Wild und Schupp führen das auf die Überfischung im Mittelmeer zurück. Weniger Fische bedeuten weniger Tiere, die Feuerwürmer fressen. So können sich diese leichter vermehren.
Außerdem vermutet Wild, dass die außergewöhnlich hohen Wassertemperaturen anderen Tieren zusetzen, die in der Nahrungskette unterhalb der Feuerwürmer stehen. Diese seien dann geschwächt oder würden sterben. "Und das zieht diese Würmer an, und dann finden sie mehr Nahrung", sagt er.
Wie kann man die Ausbreitung der Tiere eindämmen?
Laut Schupp von der Uni Oldenburg kann man die Tiere bei großen Ansammlungen absammeln und dann töten. So könne man zumindest einzelne Badestrände schützen. Wild stimmt grundsätzlich zu: "Aber das ist natürlich eine Symptombehandlung. Dieser Populationsanstieg, den wir jetzt sehen im südlichen und im östlichen Mittelmeer, das ist natürlich ein Zeichen, dass irgendwas aus dem Gleichgewicht geraten ist, und das ist das Problem, dass wir den Klimawandel haben."
Außerdem ist das Einsammeln und Töten von Feuerwürmern gar nicht so leicht: Zerschneiden oder Erschlagen funktioniert oft nicht richtig - die Würmer regenerieren sich und leben weiter. "Oft ist es auch so, dass ein sterbendes Tier im Meer, kurz bevor es stirbt, noch mal ganz viele Geschlechtsprodukte abstößt", sagt Wild. So würden sich die Würmer letztlich noch weiter vermehren. "Was helfen würde, ist, die (...) einzufrieren oder zu trocknen."
In Italien wurde das Projekt "Worms Out" ins Leben gerufen, um die Ausbreitung der Feuerwürmer zu kontrollieren und einzudämmen. Es beteiligen sich mehrere italienische Universitäten daran. Im Moment erhebt das Projekt mit einer Umfrage Daten etwa dazu, wo die Tiere vorkommen und wie oft es zu Verletzungen kommt. Auch in der avvistAPP (auf Englisch verfügbar) können Urlauberinnen und Urlauber melden, wenn sie Feuerwürmern begegnet sind.