Medikamentenforschung Erfolg im Kampf gegen Alzheimer?
Das neue Antikörpermedikament Donanemab des US-Pharmaunternehmens Eli Lilly zeigt in einer klinischen Studie erste Ergebnisse. Doch es gibt auch starke Nebenwirkungen.
Die Endung des neuen Medikaments - Donanemab - deutet auf die Art des Medikaments hin: MAB steht für monoclonal antibody, also monoklonale Antikörper. Ein solches Medikament ist immer gegen ein bestimmtes Ziel gerichtet, zum Beispiel ein Protein.
In diesem Fall heißt das Ziel Amyloid-beta oder einfach nur Aβ. Das ist ein Proteinschnipsel, der sich bei Alzheimerkranken im Gehirn und in Blutgefäßen ablagert. Die Idee eines Antikörper-Medikaments dagegen: Wenn verhindert werden kann, dass sich Aβ im Gehirn ablagert, dann kann auch der Krankheitsverlauf verlangsamt werden.
Vielversprechende Ergebnisse
Und tatsächlich scheint Donanemab genau das zu erreichen. In einer klinischen Studie mit mehr als 1700 Teilnehmenden zeigten die Probandinnen und Probanden, die das Medikament erhielten, im Vergleich zur Placebogruppe rund 35 Prozent weniger kognitive Beeinträchtigungen. Bei fast der Hälfte, bei 47 Prozent, schritt die Krankheit in einem Jahr nicht weiter voran.
Die mit dem Medikament Behandelten waren außerdem bei Aktivitäten des Alltags um etwa 40 Prozent weniger beeinträchtigt. Bei mehr als der Hälfte konnten die Aβ-Ablagerungen im Gehirn nach einem Jahr völlig entfernt werden und bei fast drei Viertel nach einem weiteren halben Jahr.
Starke Nebenwirkungen
Experten nennen diese Ergebnisse ermutigend und früheren Studien überlegen. Doch das Wundermittel ist auch Donanemab nicht. Es scheint den Krankheitsverlauf zwar zu verlangsamen, aber Alzheimer stoppen oder sogar heilen kann auch dieses Medikament nicht.
Außerdem hat Donanemab im Gegensatz zu anderen Antikörper-Medikamenten relativ starke Nebenwirkungen. Bei mehr als eineinhalb Prozent der Probanden trat eine ernsthafte Hirnschwellung oder Hirnblutung auf. Zwei Menschen sind sogar daran gestorben, möglicherweise auch drei.
"Der richtige Ansatz"
Linda Thienpont, wissenschaftliche Leiterin der Alzheimer Forschung Initiative, sagte gegenüber dem Science Media Center Deutschland: "Auch Donanemab ist leider kein Gamechanger für die Betroffenen, aber möglicherweise ein Schritt in die richtige Richtung."
Christian Haass, Leiter der Abteilung für neurodegenerative Erkrankungen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, schätzt die Ergebnisse so ein: "Die Ergebnisse der Pressemitteilung zu Donanemab schauen wirklich sehr gut aus. Donanemab ist nun der zweite Anti-Aβ-Antikörper, der ganz klar den Gedächtnisverlust verlangsamt. Sicherlich ist mit Blick auf die Nebenwirkungen und eine bessere Wirksamkeit der Therapie noch vieles zu verbessern, aber die Reduzierung von Amyloid ist damit sicherlich der richtige Ansatz, um die Krankheit zumindest zu verlangsamen." Damit sollte endlich klar sein, die Amyloid-Hypothese sei "keine Hypothese mehr, sondern ein Fakt".
Ansatz auch von weiteren Unternehmen verfolgt
Die vom US-Pharmaunternehmen Eli Lilly veröffentlichten Daten sind bisher nur in einer Pressemitteilung veröffentlicht worden und noch nicht in einer von Expertinnen und Experten gegengeprüften Veröffentlichung. Aber sie zeigen, dass das Befreien von Aβ-Ablagerungen ein zumindest teilweise erfolgsversprechender Therapieansatz ist, vielleicht auch als Teil einer Kombinationstherapie.
Auch andere Unternehmen, etwa der niederländische Pharmahersteller Vivoryon, arbeiten an Medikamenten mit einem ähnlichen Wirkprinzip. Ergebnisse einer klinischen Studie werden dieses oder nächstes Jahr erwartet.