Künstliche Intelligenz Wie KI bei Fußball-Scouting zum Einsatz kommt
Immer mehr Fußballvereine setzen bei der Suche nach neuen Spielern auf Künstliche Intelligenz. Diese kann Scores zu jedem einzelnen Spieler erstellen - teils mit überraschenden Ergebnissen. Wie gut ist die Technologie?
Es ist der Wunsch jedes Vereins: Endlich den neuen Starspieler verpflichten, der nicht nur wenig kostet, sondern auch direkt eine Verstärkung ist. Möglichst hoher Ertrag mit dem kleinstmöglichen Risiko also. Fußball wird immer mehr zur Mathematik. Entscheidend für ein geringes Risiko bei Neuverpflichtungen von Spielern ist das Scouting. Je besser ein Spieler analysiert wird, desto besser kann er auch eingeschätzt werden.
An diesem Punkt kommt Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Vereinfacht gesagt wertet die KI Daten aus und nimmt dann eine Einschätzung von Spielern vor. Genau das ist auch die Aufgabe von Scouts. Ein menschlicher Scout legt bestimmte Kriterien fest, bevor ein Spieler beobachtet wird. Auch der KI wurden zu Beginn bestimmte Regeln beigebracht. Zum Beispiel, dass es besser ist, wenn ein Spieler einen Zweikampf gewinnt als wenn er ihn verliert.
Daten über jeden Spieler
Da Profispieler seit Jahren beim Training und in den Spielen ständig beobachtet und bewertet werden, liegen der KI bereits zahlreiche Daten vor. Auf dieser Grundlage kann das Tool dann eine Einschätzung von Spielern vornehmen. Das Softwareunternehmen SCOUTASTIC arbeitet schon seit einiger Zeit mit Vereinen aus der Bundesliga zusammen.
Christian Rümke von SCOUTASTIC erklärt, dass, dass das KI-System nicht nur auf reine Spieler-Daten zurückgreift, sondern auch Texte auswerten kann: "Viele kluge Scouts fahren rum und schreiben jedes Wochenende Berichte", sagt Rümke. Da sei es schwer den Überblick zu bewahren und drei Jahre später noch zu wissen, was damals in den Bericht geschrieben wurde.
Besser als menschliche Scouts?
Auch die Firma Plaier hat eine KI entwickelt, die Fußballvereinen dabei helfen soll, den passenden Spieler zu finden. Jan Wendt, einer der Gründer von Plaier, behauptet sogar, dass die KI mit ihren Spieler-Einschätzungen häufiger richtig liegt als der Mensch: "Wenn du mit uns zehn Spieler aussuchst, dann liegen wir 8,5-mal richtig, was viel besser ist, als wenn du es mit menschlichen Mitteln machen würdest." Wendt meint damit, dass die KI mindestens acht Mal richtig liegen würde, wenn man mit ihr zehn Spieler aussucht.
Solch eine Quote würden sich sicherlich auch viele Scouts wünschen. Laut Wendt kommt es auf den Einzelfall an, manche Vereine würden gut scouten, andere weniger. Er betont dabei, dass es aber auch gar nicht darum gehe, das Scouting in Richtig und Falsch einzuordnen. Das Tool sei eine Unterstützung für die Scouts. "Aber wenn du konsequent darauf gehst, dass Spieler durch unseren Filter durch müssen und nur Spieler nimmst, die wir als geeignet ansehen und den Verein besser machen, verbessert sich die Scouting-Quote", sagt Wendt.
KI-Score für jeden Spieler
Das Tool von Plaier ordnet jedem Spieler einen sogenannten KI-Score zu. Dieser errechnet sich aus den Daten, welche die KI über den jeweiligen Spieler gesammelt hat. "Ein Stürmer wird natürlich mit anderen Kriterien bewertet als ein Innenverteidiger", gibt Wendt zu verstehen. Insgesamt werde die Leistung des Spielers mit über 200 Parametern gemessen und auch der Einfluss des Spielers auf die mannschaftliche Leistung würde in die Bewertung miteinfließen, erklärt der Plaier-Chef. Der Score kann dann als Vergleichsparameter verwendet werden, um Spieler weltweit miteinander zu vergleichen.
In einem beispielhaft durchgespielten Scouting-Szenario zeigt Wendts KI, dass Stuttgarts Stürmer Deniz Undav besser eingeschätzt wird als Erling Haaland. Wendt erklärt, dass Undav nach Ansicht der KI der etwas komplettere Stürmer sei, da er vor allem bei der Arbeit gegen den Ball bessere Werte erzielt.
Die Grenzen der Künstlichen Intelligenz
Auch wenn die KI zum Ergebnis kommt, dass Undav besser ist als Haaland, lässt sich das natürlich nicht komplett belegen. Beide spielen in unterschiedlichen Vereinen und in unterschiedlichen Ligen. So könnte beispielsweise auch der Trainer oder das persönliche Umfeld des Spielers die Leistung beeinflussen.
Das heißt, bei einem Wechsel von Undav zu einem anderen Verein und einem anderen Trainer, könnte es sein, dass er auch nicht mehr so gut performt. "Da stößt die KI einfach an Grenzen. Und dann wirklich zu sagen der Spieler passt genau in dieses System, zu diesem Trainer, in dieses Umfeld, wo er sich wohlfühlt, das sind einfach so viele Faktoren, wo die KI sicherlich jetzt schon unterstützen kann aber aktuell noch nicht alles zusammenbringt", erklärt Rümke von SCOUTASTIC.
Unterstützung für den menschlichen Scout
Trotz allem lässt sich festhalten, dass Künstliche Intelligenz das Scouting im Fußball verändert. Eine Entscheidungshilfe zu haben, die komplett datenbasiert ist und keine persönlichen Präferenzen miteinbringt, ist sicherlich von Vorteil. Außerdem nimmt sie Vereinen und Scouts einen Großteil der Arbeit ab und kann vor allem helfen, Spieler in kleineren Ligen im Ausland zu scouten, die sonst vielleicht gar nicht auf der Liste der Vereine wären.
Sowohl Plaier als auch SCOUTASTIC betonen, dass die KI keinen Scout der Welt ersetzt. "Wir sehen uns da eher als Unterstützung und als Hilfe, fundierte Entscheidungen zu treffen. Wir haben nicht den Anspruch, Spielertransfers zu tätigen", so Rümke. Am Ende muss immer noch ein Mensch die Entscheidung treffen und dabei kommt es eben nicht nur auf Daten und mathematische Zusammenhänge an. Sondern auf ein menschliches Gefühl und eine persönliche Einschätzung, ob der Spieler in die Mannschaft passt oder nicht.