Urzeit-Wal entdeckt Das schwerste Tier aller Zeiten?
Ein Wirbel allein wiegt mehr als 100 Kilogramm: In Peru haben Forschende Fossilien eines extrem schweren Urwals entdeckt. Er könnte bis zu 340 Tonnen gewogen haben - deutlich mehr als ein Blauwal.
Perucetus Colossus, zu deutsch: "der kolossale Wal aus Peru", heißt die neu entdeckte und erforschte Art der frühesten Wale, die aufgrund ihrer enormen geschätzten Körpermasse von bis zu 340 Tonnen jetzt Anwärter auf "das schwerste Tier aller Zeiten" ist. Der Perucetus Colossus hat einen 20 Meter langen, zylindrischen Körper, mit verkümmerten Flossen wie Ärmchen und einen im Verhältnis zum Körper sehr kleinen, spitzen Kopf.
Die Verwandten der heutigen Wale, Delfine und Schweinswale lebten bereits vor ungefähr 39 Millionen Jahren in küstennahen Gewässern Perus. Die Forschungsergebnisse des Teams um den Stuttgarter Paläontologen Eli Amson sowie die Beschreibung der neuen Art Perucetus Colossus wurden jetzt in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.
Hier wurden die Fossilien des Perucetus Colossus entdeckt: in der Provinz Ica in Südperu. Die Bergung des Skeletts war eine große logistische Herausforderung, mehrere Ausgrabungen waren erforderlich, um die Teile des Wal-Skeletts einzusammeln.
Skelett musste mit großem Aufwand geborgen werden
Eli Amson vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart ist immer noch begeistert von dem Fund: "Eigentlich ist die Geschichte der Entdeckung wirklich cool. Mario Urbina, ebenfalls einer der Co-Autoren, hat vor 13 Jahren etwas wirklich Seltsames an der Küste gefunden, und es hat lange gedauert, bis wir verstanden haben, was es war, und das Fossil präpariert haben."
Gefunden wurde das Fossil des Perucetus Colossus in der Wüste an der Südküste Perus. Die Bergung des kolossalen Skeletts war eine große logistische Herausforderung. Es waren mehrere Ausgrabungen erforderlich, um die Teile des Wal-Skeletts zu sammeln.
Vergleich Perucetus Colossus - Mensch. Jeder Wirbel des Funds wiegt weit über 100 Kilogramm, die Rippen erreichen eine Länge von bis zu 1,4 Metern.
Knochen außergewöhnlich schwer
Perucetus Colossus ist nämlich ein Wal der Extreme. Seine Knochen sind außergewöhnlich schwer. Jeder Wirbel des Funds wiegt weit über 100 Kilogramm, und die Rippen des Urzeit-Wals erreichen eine Länge von bis zu 1,4 Metern. Das 20 Meter lange Skelett der neuen Art ist mit einem Gewicht von rund fünf bis acht Tonnen in etwa zwei- bis dreimal so schwer wie das 25 Meter lange Skelett eines Blauwals, das in der Hintze Hall des Natural History Museums in London ausgestellt ist.
Die Forschenden nehmen an, dass der Perucetus Colossus sich mit diesem extremen Gewicht an das Leben in küstennahen Gewässern angepasst hat. Der Auftrieb wird hier zu einem entscheidenden Aspekt. So zu beobachten zum Beispiel bei Seekühen. Das Gewicht hilft den Tieren, ihren Auftrieb zu regulieren und sich unter Wasser zu halten - ähnlich wie der Bleigürtel bei Tauchern. Bei derzeit lebenden Walen, die in viel größere Tiefen tauchen können und weit vor der Küste leben, sind die Knochen im Gegensatz dazu viel leichter.
Gewicht des Urwals beruht auf Schätzungen
Wie schätzt man das Gewicht eines lebenden Exemplars von Perucetus Colossus? Dafür wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Zunächst scannten die Forschenden die geborgenen und präparierten Knochen, um ihr Volumen zu messen. Kernbohrungen sollten dabei helfen, die innere Knochenstruktur zu beurteilen. Hierfür wurden auch vollständig erhaltene Skelette von nahen Verwandten in die Analyse miteinbezogen.
Für die Berechnung der Körpermasse des Perucetus Colossus orientierte man sich am bekannten Verhältnis von Weichteil- zu Skelettmasse bei lebenden Meeressäugern. Daraus errechneten die Paläontologen ein Gewicht der neuen Walart in der Größenordnung zwischen 85 und 340 Tonnen. Zum Vergleich: Das Gewicht eines ausgewachsenen Blauwals kann bis zu 190 Tonnen betragen. Das entspricht in etwa dem Gewicht von 30 Elefanten, 225 Kühen oder 2.500 Menschen.
Fund liefert neue Erkenntnisse zur Evolution der Wale
Die Entdeckung des Perucetus Colossus verändert das bisherige Verständnis der Evolution der Wale. Die Untersuchungen der Forschenden zeigen erstmals, dass Wale bereits 30 Millionen Jahre früher als bisher gedacht gigantische Körpermassen entwickelt haben. Bislang war man in der Forschung davon ausgegangen, dass der evolutionäre Übergang zu einem echten Gigantismus bei Walen, wie er bei den modernen Bartenwalen - zum Beispiel dem Blauwal - zu beobachten ist, ein evolutionär relativ junges Ereignis war, das vor etwa zehn Millionen Jahren stattfand.
"Für uns ist eines der entscheidenden Ergebnisse unserer Arbeit, dass sich der Übergang zu echtem Gigantismus bei Walen viel früher in der Erdgeschichte entwickelte, als wir bisher dachten. […] Dieser frühe Wal verschiebt die bisher bekannte Obergrenze der Skelettmasse bei Säugetieren und im Wasser lebenden Wirbeltieren drastisch. Möglicherweise ist er auch das schwerste jemals beschriebene Tier", so Eli Amson vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart.