Geräusche bei Pflanzen Gestresste Tomaten werden laut
Pflanzen sind nicht so still, wie viele vielleicht denken: Haben sie zu wenig Wasser oder erleben anderen Stress, geben sie Geräusche ab, so eine Studie. Menschen können diese nicht hören, wohl aber Insekten.
Gestresste Pflanzen können einer Studie zufolge ganz schön Lärm machen - Menschen hören den allerdings nicht. Die Geräusche seien ungefähr so laut wie ein normales Gespräch, doch die Frequenz der im Ultraschallbereich liegenden Töne sei für Menschen zu hoch, schreiben Wissenschaftler der Universität Tel Aviv im Fachjournal "Cell".
Ploppen wie Luftpolsterfolie
"Die Geräusche im Ultraschallbereich könnten aus einer Entfernung von drei bis fünf Metern von vielen Säugetieren und Insekten wahrgenommen werden", so die Forscher. Für die Untersuchung platzierten sie Mikrofone in etwa zehn Zentimeter Entfernung von den Pflanzen, heißt es in der Preprint-Version, die bereits 2019 erschien. Die Aufnahmen wurden in einem schallgedämpften Raum und auch in einem Gewächshaus gemacht.
Die Klänge der Pflanzen lagen demnach im Bereich zwischen 20 und 100 Kilohertz - zu hoch für das menschliche Ohr. Doch die Forscher haben die Audiosignale verändert, um sie auch für Menschen wahrnehmbar zu machen. Zu hören ist ein Ploppen, das ein bisschen an platzende Luftpolsterfolie erinnert.
Algorithmus kann Töne nach Stressart unterschieden
Die Forscher hatten für die Studie Tomaten- und Tabakpflanzen unter verschiedenen Bedingungen untersucht. In einem der Experimente hatten die Pflanzen zu wenig Wasser, in einem anderen wurden ihnen die Stängel geschnitten. Ob die Pflanzen solche Töne erzeugen, um mit anderen Organismen zu kommunizieren, sei unklar.
Zum Vergleich schaute sich das Team auch ungestörte Exemplare an. Das Ergebnis: Gestresste Pflanzen gaben laut der Studie auffällig mehr Geräusche ab als die gesunden. Unter Stress machten sie rund 30 bis 50 Töne pro Stunde. "Wenn Tomaten überhaupt nicht gestresst sind, sind sie sehr leise", teilt Lilach Hadany, Evolutionsbiologin an der Universität in Tel Aviv, mit. Mithilfe eines Algorithmus konnte das Team zudem erkennen, wie sich die Töne je nach Stressart unterschieden.
Konkrete Anwendung denkbar
Und auch andere Pflanzen wie Mais oder Weizen gäben unter Stress Töne von sich, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. "Daher ist es wahrscheinlich, dass auch beim Schneiden der Ernte Geräusche ausgestoßen werden", so Hadany. Das Team konnte zudem zeigen, dass auch Kakteen, Wein und Taubnesseln Geräusche machen.
Die Erkenntnissen könnten laut den Forschern auch einen konkreten Nutzen in der Landwirtschaft haben: Anhand von Tonaufnahmen könne zum Beispiel die Bewässerung von Pflanzen auf dem Feld oder im Gewächshaus überwacht und effektiver gemacht werden.
Luftblasen im Gefäßsystem
Die Forscher nehmen an, dass sich die Ursache für dieses Phänomen im Inneren einer Pflanze abspielt. Untersuchungen hätten gezeigt, dass es bei Pflanzen, die unter Trockenstress leiden, zur sogenannten Kavitation kommt - das Phänomen ist bereits länger bekannt. Dabei bilden sich, grob gesagt, Luftblasen im Gefäßsystem, die sich ausdehnen und wieder zusammenfallen. Dies führe zu Vibrationen.
"Das Design der Studie ist gut", sagt Sibaji Kumar Sanyal, Molekularbiologe an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, der nicht an der Studie beteiligt war. Man könne anhand der Töne schnell verstehen, wenn die Pflanzen etwa nicht richtig bewässert wurden. "Vor allem die Algorithmen und die Aufnahme-Technik sind sehr gut." Für zukünftige Studien sei es aber wichtig, neben Tomaten und Tabak auch andere Pflanzenarten zu untersuchen.