Kernenergie Die Atomreaktoren der Zukunft
Neue Reaktortypen sollen sicherer, effizienter und sauberer werden. Der Trend geht zu neuen Kühlmitteln und kleineren Reaktoren, die dezentral für eine Stabilisierung der Stromversorgung sorgen sollen.
Generation IV - so werden die Atomreaktoren genannt, die die heutigen ersetzen sollen. Sie sollen vor allem sicherer, aber auch effizienter sein und weniger hochgefährlichen Atommüll produzieren.
Die meisten der bisher gebauten Reaktoren werden mit Wasser gekühlt. Die abgeführte Wärme wird dann dazu genutzt, um Strom zu produzieren. Ein Nachteil davon ist, dass das Kühlwasser ständig in Bewegung gehalten und selbst wieder abgekühlt werden muss, um nicht zu verdampfen. Sonst kann es den Reaktor nicht weiter kühlen. So kann ein Stromausfall zu einer Kernschmelze führen. Das wollen die Entwickler dieser neuen Reaktoren unter anderem verhindern, indem sie das Wasser durch andere Kühlmittel ersetzen.
Neuere Reaktoren sollen mit flüssigem Metall wie Natrium oder Blei oder flüssigem Salz gekühlt werden. Diese Kühlmittel können auch dann den Reaktor passiv weiterkühlen - ohne zu verdampfen - wenn das Kühlsystem komplett ausfällt. Die Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima wären mit solchen Reaktoren ganz anders verlaufen, eine Kernschmelze hätte es in beiden Fällen wahrscheinlich nicht gegeben.
Weniger hochradioaktiver Abfall
Solche Reaktoren können auch als "Schnelle Reaktoren" betrieben werden. Dabei werden die durch die Kernspaltung freiwerdenden schnellen Neutronen direkt für die Aufrechterhaltung der Kettenreaktion verwendet, statt wie in den meisten älteren Reaktortypen abgefangen. Dadurch produziert der Reaktor mit der gleichen Menge Brennstoff mehr Energie.
Außerdem sollen dabei keine sogenannten Transuran-Abfälle anfallen, also Stoffe, die schwerer sind als Uran. Es sind die Transuran-Abfälle aus klassischen Reaktoren, die mehrere hunderttausend Jahre lang gefährlich bleiben. Die Abfälle aus "Schnellen Reaktoren" müssen dagegen nur für einige hundert Jahre sicher gelagert werden. Immer noch eine lange Zeit, aber deutlich überschaubarer. Das würde auch die Anforderungen an ein Endlager vereinfachen.
Kleinere, aber mehr Reaktoren
Der Trend in der Kernkraft geht außerdem zu kleineren Reaktoren, die in Serie gefertigt werden. Man nennt sie SMRs oder small modular reactors, kleine modulare Reaktoren. Die einzelnen Komponenten werden in einer Fabrik produziert, von wo aus sie mit Lkw oder auf Zügen zum Ort des Kraftwerks gebracht werden. So soll Routine entstehen. Die Kraftwerke sollen günstiger und schneller gebaut werden können.
Doch natürlich haben auch Reaktoren der neuen Generation Nachteile. SMRs sind wesentlich kleiner als klassische Reaktoren. Dadurch sind sie weniger effizient, ein möglicher Effizienzvorteil "Schneller Reaktoren" geht unter Umständen wieder verloren, und sie produzieren weniger Energie. Eine Stadt wie Stuttgart allein bräuchte zwei solcher Reaktoren. Dadurch werden mehr Standorte benötigt, die zu finden ohnehin schon schwer ist, und strahlendes Material muss weiter verteilt werden.
Auch zukünftige Reaktoren bergen Gefahren
Flüssiges Natrium ist sehr reaktionsfreudig. Kommt es in Kontakt mit Sauerstoff, fängt es an zu brennen. Kommt es mit Wasser in Kontakt, entsteht Wasserstoff, der sich in der Luft entzünden und zu einer Explosion führen kann.
Die Bleilegierungen in bleigekühlten Reaktoren können aushärten, wenn sie zu kalt werden. Damit wird der Reaktor unbrauchbar und unter Umständen zu einem Milliardengrab.
Und jeder Reaktor ist auf den speziellen Brennstoff seines Herstellers angewiesen. Viele Kraftwerke russischer Bauweise in Osteuropa sind auf diese Art, analog zur Gaskrise bei uns, energietechnisch von Russland abhängig. Theoretisch wäre ein Universalbrennstoff zumindest für Reaktoren mit ähnlicher Funktionsweise denkbar, aber es ist unwahrscheinlich, dass sich die Hersteller diese zusätzliche Einnahmequelle nehmen lassen.
Ein weiteres Risiko ist, dass viele schnelle Reaktoren sogenannte Brutreaktoren sind. Das führt einerseits eben zu der größeren Effizienz, aber im Verlauf der Verbrennung entsteht auch waffenfähiges Plutonium. Welche Länder also Zugang zu solchen Technologien bekommen sollen, muss genau überprüft werden.