Jugendliche von "Jugend forscht" halten eine Vorrichtung in den Händen, mit deren Hilfe sie Bakterien für Brennstoffzellen erforschen.
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60 Jahre "Jugend forscht" Wo manche Forscherkarriere begann

Stand: 27.02.2025 16:23 Uhr

"Jugend forscht" hat so manche bedeutende Forscherkarriere angestoßen. Eine besondere Erfahrung ist Deutschlands bekanntester Nachwuchswettbewerb für die Teilnehmenden allemal - in diesem Jahr bereits zum 60. Mal.

Von Carlo Schindhelm und Sylvaine von Liebe, BR

"Manche sagen: Talentschmiede und Karrieresprungbrett. Andere: Kreativraum und Versuchslabor. Wir sagen: Egal. Gute Idee. Lass mal machen", heißt es im Video zum 60-jährigen Bestehen von Deutschlands bekanntestem Nachwuchswettbewerb "Jugend forscht".

Und genau das will der Wettbewerb seit nun 60 Jahren erreichen: Junge Menschen mit Interesse und Talent an sogenannten MINT-Themen, also aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, zu intellektuellen Höchstleistungen anspornen. Was dabei herauskommt, ist zunächst einmal egal.

Herausgekommen sind bei "Jugend forscht" aber trotzdem schon viele große Forscherkarrieren. Für manche ist gerade das der Ansporn für eine Teilnahme am Nachwuchswettbewerb: später einmal ein großer, herausragender Forscher zu werden. Für einige ist aber schon die Teilnahme etwas ganz Besonderes.

Suche nach kreativen Köpfe - egal, woher

So etwa für Ahmad Milad. Er ist Schüler an einer Fürther Mittelschule und forscht an der Kommunikation zwischen Mensch und Computer. Dabei geht es ihm nicht um die Steuerung der Technik via Spracherkennung. Sein Ziel ist es, mit einer bestimmten Geste später einmal das Licht oder den Backofen ausschalten zu können. Mithilfe eines speziellen Armbands soll diese Klickgeste dann gelingen, so Ahmads Vorstellung.

Dass er Schüler an einer Mittelschule ist, das ist bei "Jugend forscht" eher die Ausnahme. Der Wettbewerb ist zwar für alle Schulen offen, doch die meisten der Teilnehmenden besuchen ein Gymnasium. Der 18-Jährige sieht seine Schulart aber nicht als Nachteil. Er ist der Ansicht, dass es als Schüler einer Mittelschule sogar einfacher ist "ein Projekt zu machen" wie er sagt, weil man im Vergleich zu Gymnasiastinnen und Gymnasiasten "viel Zeit" habe.

Auch Angela Fösel, Organisatorin des diesjährigen Regionalwettbewerbs in Mittelfranken, ist es egal, woher die Teilnehmenden kommen. "Wir brauchen einfach kreative Köpfe, wir brauchen junge Menschen, die sich selbst Fragen stellen und die nach Antworten suchen", sagt die Physikerin von der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen. Und "Jugend forscht" sei einfach der Wettbewerb deutschlandweit, bei dem diese Möglichkeit "in diesem naturwissenschaftlichen Bereich" bestehe, betont Fösel.

Deutschlandweit viele innovative Ideen bei "Jugend forscht"

Viele junge Menschen nutzen diese Gelegenheit. Für die Jubiläumsrunde registrierten sich insgesamt 10.350 junge Forscherinnen und Forscher. Sie kommen aus sämtlichen Regionen Deutschlands und müssen, um an dem Nachwuchswettbewerb teilnehmen zu können, mindestens die vierte Klasse besuchen und dürfen nicht älter als 21 Jahre sein.

Dass sie in der Regel alle gute, innovative Ideen haben, das haben die diesjährigen Regionalwettbewerbe wieder gezeigt. So präsentierten etwa junge Forschende aus einer Region in Sachsen-Anhalt einen elektrischen Kerzenanzünder, der bei jedem Wetter funktionieren soll. Und zwei Zehntklässlerinnen aus Lübeck schafften es, einen umweltfreundlichen Schaumstoff aus Holzmehl zu kreieren, der künftig als Dämmmaterial dienen könnte.

Erfolgsgeschichte seit 60 Jahren

"Jugend forscht" ist zweifellos eine Erfolgsstory. Vor 60 Jahren vom damaligen Stern-Chefredakteur Henri Nannen ins Leben gerufen, um kreative Köpfe gezielt zu fördern, sind aus ehemaligen Teilnehmern des Wettbewerbs später einige große Forscher hervorgegangen. Klaus Schilling etwa ist heute Professor für Robotik und Telematik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. In den 1970er-Jahren belegte er den zweiten Platz bei "Jugend forscht".

Heute zählt er mit seinen sich selbst organisierenden Klein-Satelliten zu den Top-Forschern in Europa. Oder Andreas von Bechtolsheim: Er nahm insgesamt dreimal bei "Jugend forscht" teil, gewann 1974 den Bundeswettbewerb im Fachbereich Physik, gründete später die Software-Firma "Sun Microsystems" und lebt heute als wohlhabender Unternehmer im US-amerikanischen Silicon Valley.

Kontakte wichtiger als mögliche Preisgelder

Aber für die jungen, kreativen Köpfe ist nicht unbedingt das in Aussicht gestellte Preisgeld, das für den Gewinner bis zu 3.000 Euro betragen kann, für die Teilnahme an "Jugend forscht" entscheidend. Viel verlockender sind für die meisten wohl eher die Kontakte, die sie während der einzelnen Wettbewerbe vor allem mit Forschenden knüpfen können. Durch sie haben die jungen Menschen oft eine Chance, begehrte Forschungspraktika zu erhalten.

Für die Physikerin Angela Fösel, die den diesjährigen Regionalwettbewerb in Mittelfranken organisiert hat, ist "Jugend forscht" jedenfalls eine Herzensangelegenheit. "Die Projekte, die hier präsentiert werden, das sind Projekte, deren Fragestellungen von den Kindern allein kommen, also die hat keine Lehrkraft für sie erfunden, die kommen nicht aus dem Elternhaus, nicht aus der Schule und das macht das Flair so aus", schwärmt sie. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 27. Februar 2025 um 15:00 Uhr.