Interview

Lage des Schiffbaus "Deutsche Werften entgehen der Auftragsflaute"

Stand: 04.09.2012 15:48 Uhr

Die Schiffbaubranche kämpft weltweit mit einer Auftragsflaute. Deutsche Werften sind davon aber kaum betroffen. Warum das so ist, erläutert der Vorsitzender des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik, Werner Lundt, im Interview mit tagesschau.de.

tagesschau.de: Die P+S-Werften haben jüngst Insolvenz angemeldet. Was macht der Branche das Leben so schwer?

Werner Lundt: Die Schiffbaubranche in Deutschland hat es eigentlich nicht so schwer. Richtig ist aber, dass weltweit ein erheblicher Auftragsniedergang zu verzeichnen ist. Das trifft aber im Wesentlichen nicht mehr auf die deutschen Werften zu, die sich in den vergangenen Jahren sehr auf den Spezialschiffbau gestürzt haben.

Zur Person
Werner Lundt ist seit 2004 Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Der Verband ist die politische und wirtschaftliche Interessenvertretung der deutschen maritimen Industrie, der Werften und Zulieferer für den Schiffbau und die Meerestechnik.

tagesschau.de: Was sind die Gründe für diesen Auftragsrückgang?

Lundt: Es gibt weniger Frachtaufkommen und einen Kapazitätsüberhang in der Schifffahrt. Das hat dazu geführt, dass Schiffe zu ganz niedrigen Charter-Raten fahren und es einfach zu viele gibt. Daher werden von der Reedern derzeit einfach keine Schiffe bestellt.

tagesschau.de: Und das betrifft nicht die deutschen Werften?

Lundt: Auch jene Werften, die noch nicht im Spezialschiffbau tätig waren, haben im Zuge der Krise schnell erkannt, dass Deutschland bei den Standard-Schiffen nicht mit Korea, Japan oder China mithalten kann. Daher haben sie sich konsequent davon abgewendet.

tagesschau.de: Was sind denn Beispiele für solche Standard-Schiffe?

Lundt: Das sind die Container, Tanker oder Massengut-Schiffe. Diese werden infolge des Konkurrenzdrucks nun überwiegend in den eben genannten großen Schiffbauländern gefertigt. Bei den Spezialschiffen geht es vor allem um Hightech und Einzelkonstruktionen. Da kann man beweisen, was Ingenieurskunst bedeutet. Dort liegen die Stärken des Schiffbaus in Deutschland und dies hat die Branche erkannt.

tagesschau.de: Das heißt dann also, dass auch eine Werft wie P+S für einen Investor durchaus interessant sein könnte?

Lundt: Das ist grundsätzlich sicherlich so. Allerdings haben wir als Verband nicht die ganzen Zahlen des Unternehmens vorliegen, um dies angemessen bewerten zu können.

tagesschau.de: Welche Rolle spielt denn die Eurokrise für die Werften?

Lundt: Die Eurokrise hat es den Werften tatsächlich schwerer gemacht, da Schiffe wegen ihrer hohen Kosten in der Regel finanziert werden. Das heißt, dass die Banken Kredite vergeben und diese teilweise von den betroffenen Regierungen verbürgt werden. Und infolge der Eurokrise gibt es nun deutlich verschärftere Bedingungen - Stichwort Basel III. Damit ist das Finanzieren von großen Pojekten deutlich schwerer geworden.

tagesschau.de: Es fehlt also vor allem an frischem Kapital?

Lundt: Das ist richtig. Allerdings ist der Export davon nicht so sehr betroffen. Und der deutsche Schiffbau hat eine Exportquote von fast 95 Prozent.

tagesschau.de: Bislang haben die deutschen Exporte insgesamt der Eurokrise getrotzt, nun gibt es bei den Aufträgen einen massiven Einbruch. Ist davon auch die Schiffbau-Branche betroffen?

Lundt: Es wird sicher auch den Schiffbau treffen. Allerdings eher jene Bereiche, die die großen Warenströme bedienen, nämlich Container, Massengut-Schiffe und Tanker. Und aus diesen Bereichen haben sich die deutschen Konzerne ja weitgehend zurückgezogen. Insofern sehen wir hier nicht die große Bedrohung für den Schiffbau in Deutschland.

Das Interview führte Katrin Prüfig, tagesschau24