Das Brandenburger Tor in den Nationalfarben der Ukraine
analyse

Zwei Jahre "Zeitenwende" Deutschland, der große Unterstützer der Ukraine?

Stand: 27.02.2024 17:21 Uhr

Deutschland gilt nach den USA als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine. Doch gemessen an der wirtschaftlichen Kraft rangiert die Bundesrepublik weit hinten. Kleine EU-Staaten geben deutlich mehr.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Zwei Jahre ist es her, dass Olaf Scholz in einer Sondersitzung des Bundestages ein großes Wort bemüht hat: "Zeitenwende". Der Bundeskanzler reagierte damit auf den drei Tage zuvor erfolgten russischen Angriff auf die Ukraine. Die Welt danach sei nicht mehr dieselbe wie die Welt davor. "Fünf Handlungsaufträge liegen nun vor uns. Erstens. Wir müssen die Ukraine in dieser verzweifelten Lage unterstützen", betonte Scholz am 27. Februar 2022. Doch wie viel Unterstützung hat Deutschland seither tatsächlich geleistet?

41 Milliarden Euro aus Deutschland

Auf der Seite der Bundesregierung "So unterstützt Deutschland die Ukraine" ist zu lesen: "Seit dem russischen Überfall am 24. Februar 2022 hat Deutschland der Ukraine bereits Hilfen im Gesamtwert von rund 32 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - als humanitäre Unterstützung, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen."

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) kommt sogar auf eine noch höhere Summe, dem "Ukraine Support Tracker" zufolge flossen zwischen dem 24. Januar 2022 und dem 15. Januar 2024 rund 41 Milliarden Euro an Unterstützungsleistungen. Neben den bilateralen Hilfen in Höhe von rund 22 Milliarden Euro belief sich demnach der deutsche Anteil an den Unterstützungszahlungen der EU auf knapp 19 Milliarden Euro.

USA liegen in absoluten Zahlen klar vorn

Der Ukraine Support Tracker des IfW erfasst alle öffentlich bekannten militärischen, finanziellen und humanitären Hilfen, die Regierungen von 41 westlichen Ländern der Ukraine zugesagt haben. Also nicht nur Waffen und militärische Ausrüstung, sondern auch Kredite und Beihilfen sowie Nahrungsmittel und Medizin.

Mit Blick auf die absoluten Zahlen rangiert Deutschland hier unangefochten auf Rang zwei - hinter den USA, die bislang knapp 69 Milliarden Euro an Unterstützung geleistet haben. Anders sieht es aber aus, wenn man die geleisteten Unterstützungszahlungen an der wirtschaftlichen Kraft des Landes misst.

Estland ist größter Unterstützer - gemessen am BIP

Gemessen am Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gehören weder die USA noch Deutschland zu den größten Unterstützern der Ukraine, das geht aus den Zahlen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft klar hervor. Ganz vorne liegt vielmehr ein kleiner baltischer Staat: Die Ukraine-Hilfen Estlands belaufen sich auf rund 3,6 Prozent des BIP. Addiert man noch den Anteil des Landes an den EU-Hilfen hinzu, so erhöht sich diese Zahl auf 4,1 Prozent des BIP. Damit ist Estland - in Relation zum eigenen BIP - der größte Unterstützer der Ukraine.

Auf den weiteren Plätzen folgen Dänemark, Litauen, Norwegen und Lettland. Deutschland rangiert in dieser Betrachtungsweise mit 1,1 Prozent erst auf Rang zehn. Die USA landen in Relation zur nationalen Wirtschaftsleistung sogar nur auf dem 32. Platz.

Deutschland zahlt 21 Milliarden Euro für Flüchtlinge

Doch auch diese Betrachtungsweise ist womöglich verkürzt, fließen hier doch die im jeweiligen Land geleisteten Ausgaben für Geflüchtete nicht mit ein. Deutschland gab den Daten des "Ukraine Support Trackers" zufolge vom 24. Januar 2022 bis zum 15. Januar 2024 mit 21,4 Milliarden Euro so viel Geld für aus der Ukraine geflüchtete Menschen aus wie kein anderes Land.

Polen folgt allerdings dicht mit 20,7 Milliarden Euro auf Rang zwei. In Prozent des BIP gemessen sind das bei Polen 3,3 Prozent - im Falle Deutschlands jedoch nur 0,6 Prozent. Die Bundesrepublik gibt damit in Relation zu ihrer Wirtschaftsleistung genau so viel für ukrainische Flüchtlinge aus wie Zypern.

Bezieht man die Ausgaben für Flüchtlinge zusätzlich zu den bilateralen und EU-Hilfen in die Unterstützungsleistungen mit ein, so ergibt sich gemessen an der Wirtschaftskraft wieder eine neue Reihenfolge: Zwar liegt dann immer noch Estland vorn, mit nunmehr 4,7 Prozent des BIP. Auf Rang zwei folgt nun jedoch Polen mit 4,6 Prozent. Deutschland fällt indes auf Rang elf zurück.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 26. Februar 2024 um 20:00 Uhr.