Mutmaßliche Cyberangriffe Russische Attacken auf Europas Schienennetz?
Der tschechische Verkehrsminister wirft Russland groß angelegte Hackerangriffe auf Bahnunternehmen vor. Der Kreml weist dies zurück. Schon vor einem Jahr hatte eine EU-Behörde vor solchen Attacken gewarnt.
Russland soll nach Aussagen des tschechischen Verkehrsministers Martin Kupka zahlreiche Male versucht haben, in die europäischen Eisenbahnnetze einzugreifen. Damit wolle das Land die Europäische Union destabilisieren und kritische Infrastruktur sabotieren, sagte Kupka der "Financial Times".
"Tausende Versuche"
Moskau stehe im Verdacht, seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 "Tausende Versuche, unsere Systeme zu schwächen", unternommen zu haben, sagte Kupka der Wirtschaftszeitung. Dabei gehe es etwa um Angriffe auf Signalsysteme und die Netzwerke der tschechischen Eisenbahngesellschaft České dráhy.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Anschuldigungen zurück. Diese seien "absolut unbegründet", sagte er. Es gebe dafür keine stichhaltigen Beweise.
České dráhy baut Cybersicherheit aus
Nach Angaben des tschechischen Verkehrsministers Kupka haben frühere Attacken bereits Fahrkartensysteme außer Betrieb gesetzt. Dies habe die Sorge geweckt, dass erfolgreiche Eingriffe in Signale zu schweren Unfällen führen könnten. "Es ist definitiv ein schwieriger Punkt", sagte der Politiker der liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei. Allerdings habe sich sein Land bislang vor schweren Angriffen erfolgreich schützen können.
Das Bahnunternehmen České dráhy sprach von einer "steigenden Zahl von Cyberangriffen auf unsere digitale Infrastruktur". Die Sicherheitsvorkehrungen würden daher stetig ausgebaut.
Zugang zu Ausschreibungen erschwert
2022 hatte die tschechische Regierung ein Gesetz verabschiedet, mit dem sie stärker gegen Cyberkriminalität vorgehen kann. Auch die Möglichkeit für ausländische Konzerne, sich an den Ausschreibungen für den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Berlin, Prag und Wien zu beteiligen, wurde eingeschränkt.
"Für digitale Teile und auch für Signalsysteme haben wir eine Begrenzung gefordert, da dies Teil der kritischen Infrastruktur ist", sagte Kupka der "FT". Die Strecke ist Teil einer Reihe von Projekten zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes in Europa.
Auch EU-Agentur hat Warnung ausgesprochen
Die EU-Agentur für Cybersicherheit hatte im März 2023 einen ersten Bericht über Bedrohungen der europäischen Verkehrsinfrastruktur veröffentlicht. Bereits dort wies die Behörde darauf hin, dass es "immer häufiger zu Angriffen auf Eisenbahnunternehmen kommt, was vor allem auf den Einmarsch Russlands in der Ukraine zurückzuführen ist". Größere Cyberangriffe durch "pro-russische Hackergruppen" auf Eisenbahnunternehmen seien in Lettland, Litauen, Rumänien und Estland verzeichnet worden.
Auch die tschechische Agentur für Cybersicherheit, NUKIB, hatte im vergangenen Jahr vor der Zunahme von Cyberangriffen gewarnt. "Einer der auffälligsten Trends des vergangenen Jahres war das wachsende Interesse böswilliger Angreifer an den Sektoren Energie und Verkehr", so der im Juli veröffentlichte Bericht.