Jachthafen von Monaco.

Global Wealth Report Superreiche werden immer reicher

Stand: 10.07.2024 15:38 Uhr

Ungeachtet aller Krisen, sind weltweit die Superreichen im vergangenen Jahr immer reicher geworden. Den größten Anstieg gab es dabei in Deutschland. Das birgt auch sozialen Sprengstoff.

Von Melanie Böff, ARD-Finanzredaktion

Superreiche in Deutschland haben ihre Finanzvermögen im vergangenen Jahr mit Abstand am meisten steigern können. Das zeigt der diesjährige Global Wealth Report der Unternehmensberatung Boston Consulting Group. Zudem ist das weltweite Nettovermögen im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, das liegt vor allem am Finanzvermögen, Aktien und Anleihen. Immobilien etwa verzeichneten ein schwächeres Plus, sinkende Immobilienpreise bremsten hier das Wachstum.

Der Global Wealth Report ist nicht der einzige Bericht, der die Superreichen unter die Lupe nimmt - die Daten decken sich mit anderen Vermögensstudien. Demnach konnten Superreiche in Deutschland ihre Finanzvermögen deutlich steigern, um mehr als zehn Prozent. "2023 war tatsächlich ein Jahr, das in Deutschland nochmal für einen richtigen Schub bei den Superreichen gesorgt hat", sagt Chris-Oliver Schickentanz vom Vermögensmanager Capitell: "Da haben natürlich auch die boomenden Aktienmärkte entsprechend geholfen."

 

Superreiche leben vor allem in den USA

Die Superreichen werden auch "Ultra High Net Worth Individuals" genannt, denn sie haben ein Vermögen von mehr als einhundert Millionen US-Dollar. Die meisten davon leben in den USA, gefolgt von China und Deutschland auf Platz drei. 

Auffällig ist: Je mehr Vermögen, desto stärker waren zuletzt auch die Zuwächse in Deutschland. Damit besitzen laut Global Wealth Report 3.300 Superreiche hierzulande knapp ein Viertel des gesamten Finanzvermögens. Die Zahl der Millionäre in Deutschland wächst auf 555.000 an.

Die Vermögensverteilung in Deutschland ist den Studienmachern zufolge "überdurchschnittlich ungleich". Je niedriger in der Vermögenspyramide angesiedelt, desto niedriger sei auch der Vermögenszuwachs der Einzelnen.

"Wer hat, dem wird gegeben"

"Wer eh schon hat, dem wird gegeben", sagt Dorothee Spannagel, Expertin für Verteilungspolitik beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Es gebe also immer mehr Vermögen am oberen Rand - Tendenz steigend - sagt Spannagel, auch wegen der großen Erbschaftswelle: "Also die Leute, die erben, die den Großteil dieser Erbschaften bekommen, das sind die, die sowieso schon zu den Reichen und Superreichen gehören." Und das sei ein Punkt, an dem man zentral eingreifen müsse. "Es ist halt momentan so, dass es enorme Schlupflöcher in der Erbschaftsteuer gibt."

Und wenn man bedenke, dass Haushalte mit weniger Geld über die letzten Jahre weiter verloren hätten, könne das nicht nur zu Unzufriedenheit führen, so Spannagel. Sondern auch dazu, dass man vielleicht stärker zu populistischen Ansichten neigen könne, so die Verteilungsexpertin. 

"Wir sehen, dass die Haushalte am unteren Ende über die letzten Jahre hinweg durch die Krise verloren haben, dass sie Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Und weil sie gar kein Vermögen haben und dann sehen, dass am oberen Ende trotz der Krisen die Gewinne deutlich zunehmen und die Vermögen sich immer stärker konzentrieren, ist es eben eine starke Ungerechtigkeitswahrnehmung", sagt die Expertin.

Anderes Risikoverhalten

Die Gründe für diese Vermögensentwicklung liegen offenbar aber auch im Risikoverhalten: Weniger Vermögende setzten traditionell auf risikoärmere Anlageklassen wie Bankguthaben, Bargeld oder Versicherungen - zulasten der Rendite, so die Studienmacher von Boston Consulting.

Aber auch existenzielle Gründe spielen eine Rolle bei jenen, die eben kein großes Polster besitzen: Miete muss bezahlt werden, Lebensmittel genauso. Wer mehr Geld zur Verfügung hat, kann mit dem eigenen Vermögen systematisch ganz anders umgehen, sagt Experte Schickentanz: "Wenn ich Vermögen habe, dann kann ich mir auch Risiken leisten. Das kann ich mir eben nicht, wenn ich einen Notgroschen vorhalten muss, der sollte dann tatsächlich sicher angelegt sein."

Vermögen sorgt laut Schickentanz dafür "dass ich Risiken ertragen kann, weil ich einfach einen deutlich größeren Sicherheitspuffer habe." Die Zeiten dürften nicht einfacher werden, es ist unklar, wie es wirtschaftlich weitergehen wird - die Inflation ist noch nicht gebannt - die Schere zwischen Arm und Reich wird tendenziell größer. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 10. Juli 2024 um 14:03 Uhr.