Alternativen zum Wintersport Wie die Schweiz reiche Touristen lockt
Den Klimawandel spürt man auch in den Schweizer Alpen, der klassische Wintersport verliert an Bedeutung. Stattdessen buhlt die Schweiz um Superreiche - mit glitzernden Gondeln und Luxusuhren auf dem Berg.
Zermatt im Wallis ist ein Hotspot des Alpentourismus. Hier thront das fotogene Wahrzeichen der Schweizer Berge, das Matterhorn. Die Skipisten sind legendär und auf dem Gletscher ist sogar im Sommer in Betrieb - beziehungsweise war Betrieb bis zum Hitzesommer 2022.
Der Klimawandel mache auch das Winterskigeschäft immer aufwendiger, sagt der Ökonom Jürg Stettler, Leiter des Luzerner Instituts für Tourismuswirtschaft: "Das klassische Skifahren wird immer schwieriger, anspruchsvoller und vor allem immer teurer, weil es entsprechende zusätzliche Beschneiungsinfrastrukturen braucht. Entsprechend wird das Winterskifahrprodukt in Zukunft noch teurer werden." Und das könnten sich immer weniger Leute leisten.
Lederschuhe statt Wanderstiefel
Auf die Reichen setzt Zermatt seit jeher - in der ohnehin schon teuren Schweiz ist es ein besonders teurer Ort. Seit dem Sommer bieten die Zermatt Bergbahnen eine neue Attraktion für kaufkräftige Kundschaft aus aller Welt an: das Matterhorn Alpine Crossing. Die spektakuläre Luxusgondel-Verbindung führt über den Theodulgletscher bis ins italienische Cervinia.
"Dieses Alpine Crossing Projekt zielt eigentlich auf einen neuen Markt - einen Ausflugserlebnismarkt, der das Bergerlebnis nicht in Form von Skifahren sondern in Form eines Ausfluges zugänglich machen will", sagt Stettler. "Man kann das Ganze mit Lederschuhen, mit normaler Alltagsausrüstung machen."
Mit der Glitzer-Gondel über die Berge
Bis zu 240 Franken - also fast 250 Euro - kostet die Hin- und Rückfahrt in spektakulären neuen "Premiumgondeln mit Design-Anspruch" dekoriert mit, so die Werbung, "Tausenden leuchtenden Kristallen".
"Zermatt steht seit vielen Jahren für Qualität, Service und einen entsprechenden Preis. Das sind wir der Marke Zermatt schuldig", sagte Franz Julen, Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Zermatt, im Juli bei der feierlichen Eröffnung der neuen Seilbahn.
Asiaten haben es eilig
Auch bei anderen Schweizer Bergbahnen wird massiv investiert. Die Jungfraubahnen haben bereits 2020 die "V-Bahn" eröffnet, die vom Grindelwald-Terminal bis zum Jungfraujoch nur 45 Minuten braucht.
Geschwindigkeit sei wichtig, sagt Kathrin Naegeli, Sprecherin der Jungfraubahnen: "Rund 70 Prozent der Gäste auf dem Jungfraujoch sind Gäste aus verschiedenen asiatischen Ländern. Und da spielt natürlich auch das Tempo eine Rolle. Man kennt das wahrscheinlich auch in Deutschland, dass halt oft die Leute in Mailand oder in Paris landen. Dann sind sie einen Tag in Frankreich, dann kommen sie in die Schweiz und so weiter ..."
Luxusuhren in großer Höhe
Für besonders zahlungskräftige Gäste haben die Jungfraubahnen außerdem eine VIP-Lounge eingerichtet und einen "Platinum Club" gegründet - für schlappe 12.000 Franken beziehungsweise 18.000 Franken für zwei Personen. Clubmitglieder können jederzeit eine VIP-Kabine buchen und haben diverse Pässe im Sommer und Winter.
Für die Zukunft planen die Jungfraubahnen noch Spektakuläreres: Hoch oben auf dem Ostgrat der Jungfrau soll das "House of Clocks", ein Luxusuhrengeschäft, entstehen. Das Gebäude soll aussehen wie ein Uhrwerk und es sollen sehr spezielle Uhren und Special Editions verkauft werden.
Skifahren ist kein Wachstumssektor mehr
Das Angebot sei gezielt auf den asiatischen Markt ausgerichtet, ist Tourismusforscher Stettler überzeugt: "Asiatische Gäste kommen in die Schweiz und wollen ein Bergerlebnis, idealerweise mit Schnee und Gletscher kombiniert. Und sie wollen einkaufen gehen. Und in der Schweiz heißt das primär: Uhren kaufen."
Wie beim luxuriösen Alpine Crossing in Zermatt ist auch hier klar: Die Schweizer Bergbahnen setzen in den kommenden Jahren mehr und mehr auf die Zielgruppe der internationalen Superreichen. Skifahren aber, so Stettler, sei im Wintersportparadies Schweiz "definitiv kein Wachstumstreiber mehr".