Tagelange Proteste Textilarbeiter in Bangladesch bekommen mehr Geld
Textilarbeiterinnen in Bangladesch sollen mehr Geld erhalten. Nach tagelangen Protesten beschloss die Regierung eine Erhöhung des Mindestlohns. Nun wenden sich Fabrikbesitzer hilfesuchend an Abnehmer wie H&M und Zara.
Fast 60 Prozent mehr: Textilarbeiterinnen und -arbeiter in Bangladesch erhalten bald höhere Löhne. Ab Dezember sollen sie mindestens 12.500 Taka (106 Euro) pro Monat statt wie bisher 8.000 Taka (68 Euro) erhalten, sagte Arbeitsministerin Monnujan Sufian Reportern. Die Regierung hatte den neuen Mindestlohn in Konsultation mit Vertretern von Gewerkschaften und Fabrikbesitzern festgelegt. Es ist die erste Lohnerhöhung seit fünf Jahren.
Siddiqur Rahman, der für Vertreter der Fabrikbesitzer an den Verhandlungen beteiligt war, sagte am Morgen der Nachrichtenagentur Reuters, dass die geplante Lohnerhöhung eine "Katastrophe" für die Branche sein könnte. Mehrere Fabrikbesitzer hätten sich bereits an ihre Kunden, zu denen etwa der Modekonzern H&M gehört, gewandt und um finanzielle Hilfe bei der Finanzierung der Lohnerhöhungen gebeten.
Modemarken wollen faire Bezahlung unterstützen
Im vergangenen Monat hatten sich mehrere große Modemarken wie Abercrombie & Fitch, Adidas, Gap, Hugo Boss und Levi Strauss in einem offenen Brief an die Premierministerin gewandt und mitgeteilt, dass sie sich "für die Umsetzung verantwortungsvoller Einkaufspraktiken" einsetzen wollen. Fabrikbesitzer hoffen nun, dass sie die steigenden Kosten durch höhere Löhne auch tatsächlich mittragen werden.
Zugleich sind die Fabrikbesitzer immer wieder in harten Verhandlungen mit ihren Abnehmern. Das berichtete Abdus Salam Murshedy, Geschäftsführer der Envoy Group, die unter anderem an Walmart und Zara liefert, der Nachrichtenagentur Reuters. Danach sind Kunden häufig nicht bereit, höhere Kosten mitzutragen und setzen die niedrigen Preise durch die Androhung eines Lieferantenwechsels durch.
Fabriken sollen wieder öffnen
Bangladesch ist der zweitgrößte Kleiderproduzent der Welt nach China. Knapp vier Millionen Menschen - überwiegend Frauen - arbeiten in den rund 3.500 Fabriken im Land. Von dort werden die Textilien vor allem nach Europa und in die USA exportiert. Dabei zählen neben Fast-Fashion-Einzelhändlern wie dem Zara-Eigentümer Inditex und Gap auch gehobene Marken wie Hugo Boss und Lululemon zu den Kunden der Fabriken in Bangladesch.
Während der jüngsten Verhandlungen zwischen Vertretern der Gewerkschaften und Fabrikbesitzern über eine Lohnerhöhung für die Textilarbeiter hatte es immer wieder Proteste gegeben. Arbeiter blockierten Autobahnen, stießen mit der Polizei zusammen und setzten Fabriken in Brand. Auch am Dienstag setzte die Polizei Tränengas ein, um knapp 3.000 Arbeiter zu zerstreuen.
Arbeitsministerin Monnujan Sufian rief Arbeiter nach der Ankündigung der Lohnerhöhung dazu auf, wieder zur Arbeit zurückzukehren. Und Fabrikbesitzer rief sie auf, ihre Fabriken wieder zu öffnen. Rund 175 Fabriken hatten ihre Produktion eingestellt.