Gebühren bei Tierärzten Für Tierbesitzer wird es teuer
Von heute an greift bei Tierärzten eine neue Gebührenordnung. Die Preissteigerungen sind deutlich. Das trifft Landwirte ebenso wie Haustierhalter. Werden Hund und Katze zum Luxusgut?
Einmal im Monat bekommt Milchviehhalter Jürgen Vogelgesang für die Behandlung seiner Tiere eine Rechnung von seinem Tierarzt. Je nachdem wie der Gesundheitszustand seiner 250 Kühe, Rinder und Kälber ist, können das schon mal mehr als 1000 Euro sein, wie er erzählt. Diese Kosten, von der Anfahrt bis zu Behandlung, steigen von heute an deutlich. Vogelgesang rechnet mit Mehrkosten von rund 40 Prozent. "Die Gefahr ist, dass der ein oder andere Landwirt fragt: Macht das noch Sinn, den Tierarzt zu rufen?" Ihm selbst bleibe keine andere Wahl, als tiefer in die Tasche zu greifen - auch wenn am Ende von seinen Einnahmen wenig hängen bleibe.
Auch für Haustierbesitzer wird es durch die neue Gebührenordnung viel teurer: Die einfachste Untersuchung beim Tierarzt kostet nun 23,62 Euro - vorher waren es für Katzen 8,98 Euro und für Hunde 13,47 Euro. Die Preise für Impfungen von Hund und Katze verdoppeln sich nahezu von 5,77 Euro auf 11,50 Euro. Hinzu kommt noch die zu zahlende Umsatzsteuer.
Gestiegene Praxiskosten
Haustiere würden nun noch mehr zum Luxusgut, sagt Valeska Eich, Tierärztin in der Nähe von Mainz. "Wobei die Haustierhaltung, wenn man sie artgerecht betreibt, ohnehin eine teure Angelegenheit ist." Die Kostensteigerung sei aber für einige Tierhalter, etwa Rentner, schwer zu finanzieren. Gleichzeitig hoffe sie, dass der Beruf des Tierarztes durch die neue Gebührenordnung attraktiver gemacht werde und sich dadurch die Versorgung verbessere.
Das hofft auch die Bundestierärztekammer und verteidigt die neuen Gebühren. Es sei die erste umfassende Überarbeitung seit 23 Jahren und erfasse nun neuere medizinische Verfahren wie beispielsweise Computertomografien, heißt es in einer Stellungnahme. Die Gebührenänderung sei "überfällig" und "äußerst maßvoll". "Überdies sind die Praxiskosten, die bis zu 75 Prozent des Umsatzes betragen, in weit höherem Maße gestiegen als die Inflationsrate, auch die Entwicklungen im Jahre 2022, die in allen Bereichen des täglichen Lebens zu signifikanten Preissteigerungen geführt haben, sind in diesen Preisen noch nicht einmal berücksichtigt."
Ärzte können dreifachen Satz berechnen
Die Gebührenordnung berücksichtigt jedoch verschiedene Faktoren, die dazu führen, dass Tierärzte unter Umständen den dreifachen Satz berechnen - statt 23,62 Euro für die Untersuchung mit Beratung bei Hund oder Katze wären damit 70,86 Euro fällig. Zu diesen Faktoren zählen etwa die Schwierigkeit der Untersuchung beziehungsweise des Eingriffes, aber auch, wie viel das zu behandelnde Tier gekostet hat: "Der besonders hohe Wert eines Patienten erfordert zusätzlichen Aufwand für besondere Sorgfalt und Haftpflichtversicherung", heißt es dazu in einer Erläuterung der Bundestierärztekammer.
Auch die "örtlichen Verhältnisse" können für die Abrechnung der Gebühren eine Rolle spielen, etwa die Höhe der Miete oder das Marktumfeld. Folgt man diesen Kriterien, dann dürfte es etwa für Tierbesitzer in Großstädten nochmals deutlich teurer werden als in ländlichen Regionen. Und: die Behandlung eines Rassehundes könnte mehr kosten als die eines Mischlings. Nicht zuletzt das konkrete Verhalten des Tieres, etwa wenn es aggressiv wird und den Praxisablauf stört, könnte zu Buche schlagen. Letztendlich entscheidet das Ermessen des Tierarztes.
"Natürlich ist es etwas anderes, wenn Sie eine Arzthelferin in München oder irgendwo im Allgäu bezahlen müssen", sagt Tierärztin Valeska Eich. Insofern spielten regionale Unterschiede bei der Abrechnung der konkreten Gebühren eine Rolle. Wobei sie die zugrundeliegenden Faktoren auch kritisch sieht, etwa die Berücksichtigung des Werts eines Tieres: "Ob ich einen Mischling oder einen Rassehund behandele - das ist völlig egal", sagt Eich. Entscheidend seien Schwierigkeit und Zeitaufwand einer Maßnahme. "Ich hoffe, dass es keine schwarzen Schafe gibt, die die Gebührenordnung ausnutzen", sagt Eich.
Belastung für Tierheime
Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet jedenfalls Konsequenzen, nämlich dass sich Tierbesitzer mit wenig Geld nun Behandlungen nicht mehr leisten können. Es drohe, dass notwendige Untersuchungen nicht durchgeführt würden und dass auch die Zahl der abgegebenen Tiere in Tierheimen ansteige, teilt der Tierschutzbund auf Anfrage mit. Der Verein schlägt deswegen vor, dass übergangsweise Gutscheine von Behörden ausgestellt werden, die finanziell schlechter gestellte Besitzer für Untersuchungen beim Tierarzt einlösen können.
Auch auf Tierheime und Tierschutzvereine kommen laut Tierschutzbund teils deutliche Mehrkosten zu, die diese nicht ausgeglichen bekämen: "Die Tierheime, die pauschale Kostenerstattungsregelungen mit den Kommunen vereinbart haben, werden somit einer nicht unerheblichen Mehrbelastung ausgesetzt, obwohl sie in diesem Fall lediglich als Dienstleister für die Kommunen tätig sind." Es sei versäumt worden, hier einen Kostenausgleich zu schaffen.
Auch Landwirt Jürgen Vogelgesang macht sich mit Blick in die Zukunft Sorgen um die Finanzierung seines Betriebs. "Langfristig wird die Frage kommen: Macht es noch Sinn, Tiere zu halten, wenn die Kosten uns davonlaufen?", sagt Vogelgesang. An der Tiergesundheit zu sparen sei für ihn keine Option. "Im schlimmsten Falle müsste die Tierhaltung hier bei uns eingestellt werden."