Mehr als zwei Euro pro Liter Diesel wieder teurer als vor Steuersenkung
Rund drei Wochen nach Einführung des Tankrabatts kostet Diesel wieder mehr als vor der Steuersenkung. Super E10 hat sich dagegen zuletzt verbilligt. Eindeutige Preissignale kommen indes vom Rohölmarkt.
Autofahrer müssen für Diesel-Kraftstoff wieder mehr zahlen als vor Einführung des Tankrabatts am 1. Juni. Mit 2,054 Euro pro Liter im bundesweiten Tagesdurchschnitt von gestern übertraf der Preis den Wert vom 31. Mai dieses Jahres, als ein Liter 2,044 Euro gekostet hatte. Das teilte der ADAC heute auf Anfrage mit. Damit ist der Steuernachlass von 16,7 Cent pro Liter durch die Preissteigerung mittlerweile komplett aufgezehrt.
Diesel hatte die Marke vom 31. Mai bereits am vergangenen Freitag erreicht und am Samstag erstmals wieder überschritten, wie jetzt mitgeteilt wurde. Super E10 kostete am Sonntag 1,913 Euro pro Liter. Anders als Diesel ist das Benzin in den vergangenen Tagen günstiger geworden.
Super E10 um 23,8 Cent billiger
Die von Juni bis August geltende Steuerentlastung soll die Verbraucher angesichts der hohen Spritpreise entlasten. Inklusive Mehrwertsteuer geht es dabei um 35,2 Cent bei Superbenzin und 16,7 Cent bei Diesel. In diesem vollen Umfang sind die Preise nach Inkrafttreten des Rabatts allerdings nie gesunken. Super E10 war gestern um 23,8 Cent billiger als am Tag vor der Steuersenkung, die nach Berechnungen der Bundesregierung Mindereinnahmen von 3,15 Milliarden Euro zur Folge hat.
Die Steuersenkung steht nach wie vor in der Kritik. Zuletzt gab es zudem Vorwürfe, dass ein großer Teil der Maßnahme nicht den Autofahrern, sondern der Mineralölindustrie zugute komme. "Die Steuersenkung landet zum großen Teil bei den Mineralölkonzernen und kommt zu wenig bei den Autofahrern an", hieß es etwa vom ADAC. Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, erklärte sie mit Verweis auf Mitnahmeeffekte durch die Ölkonzerne als gescheitert.
Debatte über Gewinne der Ölkonzerne
Das Münchner ifo-Institut kam nach einem Vergleich mit den Preisen in Frankreich dagegen zum Ergebnis, dass der Rabatt bei Diesel komplett und bei Benzin großenteils an die Kunden weitergereicht werde. Bei Diesel hätten die Tankstellen die vorübergehende Steuersenkung um 17 Cent je Liter zu 100 Prozent weitergegeben. Bei Super waren es demnach 85 Prozent des um 35 Cent gesenkten Steuersatzes.
Die Mineralölwirtschaft verwies auf gestiegene Einkaufspreise und Kosten. Auch das Finanzministerium hat nach Angaben von Minister Christian Lindner keine offiziellen Erkenntnisse über ungewöhnlich hohe Gewinne von Energiekonzernen durch den umstrittenen Tankrabatt. "Das können wir zur Stunde gar nicht sagen", sagte der FDP-Chef jüngst der "Welt". "Wir haben hier im Bundesministerium der Finanzen keine amtliche Erkenntnis, dass es zu besonders hohen Gewinnmargen bei den inländischen Mineralölgesellschaften käme."
Daher untersucht derzeit das Bundeskartellamt die Entwicklung der Spritpreise. Allerdings hat die Behörde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass sie hohe Preise an sich nicht verbieten könne. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will nun das Kartellrecht verschärfen und den Wettbewerbshütern mehr Eingriffsmöglichkeiten geben. Das Kartellamt soll letztlich auch Unternehmen zerschlagen können, wenn sie zu viel Marktmacht besitzen, und auch einfacher Gewinne abschöpfen.
Ölpreise geben nach
Nach Beginn des Ukraine-Krieges waren die Spritpreise in Deutschland in bisher nie gekannte Höhen gestiegen. Diesel erreichte sein bisheriges Maximum laut ADAC-Daten am 10. März mit 2,321 Euro pro Liter im bundesweiten Tagesdurchschnitt und E10 mit 2,203 Euro am 14. März. Im April lagen beide Kraftstoffe dann vorübergehend wieder unter zwei Euro, bevor ein neuer Aufwärtstrend einsetzte, der von der Steuersenkung zu Monatsbeginn nur kurz aufgehalten wurde.
Der Automobilclub rät Autofahrern angesichts der hohen Spritpreise, die teils großen Preisschwankungen an den Tankstellen innerhalb eines Tages im Blick zu behalten. Vor allem morgens seien Benzin und Diesel besonders teuer. Die Preisspitze sei üblicherweise morgens nach 7 Uhr, wie aus einer Auswertung des ADAC hervorgeht. Am günstigsten sei das Tanken demnach zwischen 20 und 22 Uhr. Die Differenz zwischen dem Höchststand am Morgen und dem Tiefststand am Abend betrage bei Diesel gut 16 Cent, bei Super E10 seien es zehn Cent.
Die Entwicklung am Ölmarkt schürt indes Hoffnungen, dass die Preise etwas sinken könnten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete heute im Mittagshandel 112,61 US-Dollar und damit 49 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 18 Cent auf 109,38 Dollar. Bereits am Freitag waren die Ölpreise stark unter Druck geraten.
"Der scharfe Preisrückgang am Freitag ist als verspätete Reaktion auf die Rezessionssorgen zu sehen, die bei anderen Rohstoffen schon länger auf den Preisen lasten", erklärte Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank.