Mögliche Umstellung bei der Post Briefe erster und zweiter Klasse
Die Post spielt mit dem Gedanken, eine Zwei-Klassen-Zustellung für Briefe einzuführen: Die Zustellung am Folgetag kostet mehr, die langsame Zustellung weniger. In anderen Ländern gibt es dieses Modell schon länger.
Das Postgesetz ist seit 30 Jahren unverändert. Es schreibt vor, dass 80 Prozent der Briefe am nächsten Tag ihr Ziel erreichen müssen. In der Praxis klappt das aber immer weniger. Die Bundesregierung überlegt nun, für einen Großteil der Sendungen die Zeitvorgaben zu lockern. Die Post hat das dankend aufgegriffen und wäre darauf vorbereitet, Briefe künftig, preislich gestaffelt, in zwei Geschwindigkeiten beim Empfänger ankommen zu lassen.
"Nicht jeder Brief muss am nächsten Tag beim Empfänger sein, zumal wenn durch eine etwas spätere Zustellung auf umweltschädliche Nachtflüge verzichtet werden könnte", schreibt Post-Sprecher Alexander Edenhofer auf Nachfrage. Wie ein solches Modell aussehen könnte, dazu gebe es aber noch keine Details. "Briefe könnten aber statt am nächsten dann am übernächsten Werktag zugestellt werden. Zurzeit ist eine solche Differenzierung aufgrund der Laufzeitvorgaben in der Post-Universaldienstleistungsverordnung aber gar nicht möglich", so Edenhofer.
Verbraucherschützer sehen Portoerhöhung durch die Hintertür
Eine Änderung des Gesetzes steht aber im Raum. "Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Postgesetz in der 20. Legislaturperiode zu novellieren und dabei sozial-ökologische Standards weiterzuentwickeln sowie den fairen Wettbewerb zu stärken", heißt es in einem Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums.
Die Verbraucherzentrale NRW steht der Einführung eines "Zwei-Klassen-Briefes" kritisch gegenüber und sieht darin eine Preiserhöhung durch die Hintertür. "Für ein solches Angebot bliebe nur dann Raum, wenn die Laufzeiten des Standardbriefs erheblich erhöht würden, was nicht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher wäre", so Vorstand Wolfgang Schuldzinski. "Aus unserer Sicht darf die Einführung eines Zwei-Klassen-Systems nicht dazu führen, dass das günstige Standardprodukt so unattraktiv wird, dass Verbraucherinnen und Verbraucher stets zum teuren Premiumprodukt greifen müssen."
Gewerkschaft befürchtet Spardruck bei Personalkosten
Aus Verbrauchersicht sei neben der Laufzeit insbesondere die Verlässlichkeit wichtig. Bei Briefen, die wichtige Erklärungen wie beispielsweise Kündigungen enthalten, raten die Verbraucherzentralen bereits jetzt zum Einschreiben. Denn hiermit kann die Zustellung beim Empfänger rechtssicher nachgewiesen werden.
Die Fachgewerkschaft DPVKOM sieht in dem Vorhaben der Deutschen Post, nun Briefe erster und zweiter Klasse einzuführen, ein Ablenkungsmanöver, mit dem das eigentliche Problem verschleiert werden solle. "Und dieses lautet: Die Deutsche Post hat zu wenig Personal in der Zustellung. Das Unternehmen verfolgt mit seinem Vorstoß sicherlich auch das Ziel, weitere Personalkosten einzusparen", befürchtet die Bundesvorsitzende Christina Dahlhaus.
Die Gewerkschaft sieht auch nicht, dass es durch das neue System zu einer Entlastung der Zusteller kommen wird. "Die Arbeitsmenge bleibt ja gleich, nur der Zeitpunkt der Auslieferung verlagert sich. Es bleiben nach wie vor Briefe, Werbepost und Pakete, die ausgetragen werden müssen - auch wenn die Post Briefsendungen dann anders steuern kann", so Dahlhaus.
Was schnelle Briefe anderswo kosten
Im europäischen Vergleich ist das Briefporto in Deutschland günstig. Für 85 Cent kann man einen Brief quer durch Deutschland schicken. Andere europäische Länder verlangen da schon mehr. Laut Bundesnetzagentur liegt der Preis für ein Inlandsporto in Europa durchschnittlich bei 87 Cent.
Viele andere europäische Länder verlangen für die Zustellung innerhalb eines Tages ein erhöhtes Porto, so wie es in Deutschland geplant ist. In Großbritannien gibt es bei Briefen die "First Class", die eine Zustellung am nächsten Werktag inklusive samstags garantiert. Die Preise beginnen bei 95 Pence, umgerechnet 1,07 Euro. "Second Class" bedeutet, dass Briefe innerhalb von zwei bis drei Werktagen beim Empfänger ankommen. Hier startet das Porto bei 68 Pence.
Bei der französischen Post gibt es den so genannten "lettre verte", der innerhalb von drei Tagen ankommen soll. Er kostet weniger als die Hälfte gegenüber dem "lettre services plus", der online verfolgt werden kann. In Österreich heißt es "Schnell mit Prio, günstig mit Eco". Der Prio-Brief kostet mindestens einen Euro und ist am nächsten Werktag beim Empfänger, der Eco-Brief ab 0,81 Euro braucht zwei bis drei Werktage.
Auch in Deutschland gibt es übrigens schon eine Zusatzleistung der Post, die einen Brief beim Empfänger am nächsten Tag garantiert. PRIO heißt das Modell. Im Preis inklusive ist eine Online-Sendungsverfolgung des Briefes. Für diesen Service muss der Kunde 1,10 Euro mehr bezahlen.