Vor Empfehlung der Kommission Wie hoch soll der Mindestlohn steigen?
Die zuständige Kommission will am Montag ihren Vorschlag zur Anhebung des Mindestlohns vorlegen. Linken-Fraktionschef Bartsch fordert eine Erhöhung auf 14 Euro - und ist damit nicht alleine. Das Ifo-Institut plädiert für Zurückhaltung bei der Anpassung.
Die Linkspartei hat sich für eine deutliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns ausgesprochen. "Wir fordern, den gesetzlichen Mindestlohn auf 14 Euro anzuheben", sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der gesetzliche Mindestlohn von bisher zwölf Euro dürfe nicht länger von der gesamtgesellschaftlichen Lohnentwicklung abgekoppelt sein.
Die Mindestlohnkommission aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern will am Montag in Berlin ihren Vorschlag für die neue Höhe des gesetzlichen Mindestlohns vorlegen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte ihn zum 1. Oktober 2022 ausnahmsweise per Gesetz von 10,45 Euro auf 12,00 Euro angehoben. Den nächsten Erhöhungsschritt zum 1. Januar 2024 soll nun wieder die Kommission vorschlagen. Die Regierung macht den neuen Wert dann in der Regel per Verordnung verbindlich. Den Mindestlohn gibt es seit 2015.
Bartsch: Erhöhung auf 14 Euro "mehr als gerechtfertigt"
Die Linke hält eine Erhöhung auf 14 Euro auch aufgrund der Rekordinflation in den Jahren 2022 und 2023 für "mehr als gerechtfertigt". "Wir brauchen einen deutlichen Sprung nach vorn beim gesetzlichen Mindestlohn, auch um einen Beitrag gegen die steigende Altersarmut zu leisten", sagte Bartsch. Denn der aktuelle Mindestlohn führe "geradewegs in eine Armutsrente".
Wirtschaftsforscher unterschiedlicher Meinung
Das Münchner Ifo-Institut rief bei der anstehenden Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns zur Zurückhaltung auf. Grundsätzlich habe die Mindestlohnkommission den Auftrag, sich bei ihrer Empfehlung für die Erhöhung daran zu orientieren, wie sich die Tariflöhne insgesamt entwickelten, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest der Funke Mediengruppe. "Im ersten Quartal 2023 lagen die Tariflöhne knapp drei Prozent höher als ein Jahr zuvor, bis Oktober könnte die Steigerung etwas höher liegen. Sinn dieser Regel ist, dass die Mindestlöhne den allgemeinen Tariflöhnen folgen sollten, sie die Lohnentwicklung aber nicht bestimmen sollen."
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sagte hingegen, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro von zurzeit zwölf Euro gesamtwirtschaftlich gesehen positive Effekte hätte. "Denn es würde die Kaufkraft vieler Menschen stützen und somit auch einen Nachfrageimpuls setzen und zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen", sagte er.
Nach Einschätzung der Vorsitzenden des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, müsste der Mindestlohn auf mindestens 14,13 Euro erhöht werden, um die Inflation auszugleichen. Gestern hatte sich auch der Paritätische Gesamtverbandes für eine Anhebung des Mindestlohns auf mindestens 14 Euro ausgesprochen.
SPD-Politikerin: Mindestlohn hat sich millionenfach bewährt
Der 2015 in Deutschland eingeführte Mindestlohn hat sich nach Ansicht der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, "millionenfach bewährt". Die Sozialdemokratin sagte der Nachrichtenagentur dpa vor der anstehenden Entscheidung der zuständigen Kommission: "Die wirtschaftliche Stärke unseres Landes und die soziale Stabilität hat etwas damit zu tun, dass es einen Mindestlohn gibt. Und das ist gut so."
Der Mindestlohn sei das staatliche Versprechen, dass niemand zu Dumpinglöhnen arbeiten muss, betonte Mast. Die SPD-Politikerin sagte aber auch, Ziel sei es nicht, dass Menschen dauerhaft zum Mindestlohn arbeiteten. "Das wäre respektlos." Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde deshalb noch in diesem Jahr das von der Koalition geplante Tariftreuegesetz vorlegen. Öffentliche Aufträge des Bundes sollen damit nur noch an Unternehmen gehen, die nach Tarif bezahlen. Das hatte die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.