Immobilienmarkt Das Erwachen der "B-Lage"
"Lage, Lage, Lage", hieß es stets an den Immobilienmärkten. Doch langsam geben Investoren dieses Mantra auf. Gesunkene Preise und hohe Mieten rücken Objekte abseits der Top-Standorte in den Fokus.
Bundesweit haben die Immobilienpreise in 2023 gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent nachgegeben. In den Ballungsräumen war der Preisverfall höher. Beispiel Frankfurt am Main: Da wurden 2022 6.100 Wohnungen verkauft, im letzten Jahr waren es nur noch 3.900. Und der Durchschnittspreis bei diesen Verkäufen sank enorm: von 1,2 Millionen auf 850.000 Euro.
Für den Planungsdezernenten der Stadt, Marcus Gwechenberger, eine logische Entwicklung: "Im Moment sind Einzelverkäufe von Wohnungen schwierig. Das liegt daran, dass Preise und Zinsen zu hoch sind und die wenigsten sich das leisten können, eine Wohnung für 700.000 Euro zu kaufen bei vier Prozent Zinsen."
B statt A: Zinsanstieg ändert Kaufverhalten
Durch den Zinsanstieg hat sich das Kaufverhalten geändert. Investoren oder Eigennutzer suchen nicht mehr die 1a- Lagen. Sie können sich das immer weniger leisten und weichen auf die Ränder der Städte aus. Sogenannte B-Lagen seien gesucht, und hier sei der Preisverfall nicht so deutlich, so Florian Bauer von Bauer Immobilien im Update Wirtschaft auf tagesschau24.
"Überwiegend hat es den Eigennutzer getroffen: Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und teilweise auch Gewerbeimmobilien", sagt Bauer. "Kapitalanlage-Immobilien und vermietete Immobilien dagegen sind häufig stabil geblieben im Preis, weil die Nachfrage weiterhin hoch ist und auch die Mieten gestiegen sind."
Rational statt emotional investieren: Funktionieren statt gefallen
In der City würden im Moment eher die kleineren Einheiten gesucht, Zwei- oder Dreizimmerwohnungen, sagt Bauer. An den Rändern, also in den B-Lagen, seien es die eher größeren Einheiten: "Das Thema Homeoffice spielt hier eine große Rolle. Die Menschen brauchen mehr Wohnraum, und den bekommt man in B-Lagen einfach zu günstigeren Preisen. Zudem ist man im Grünen, und eine mitunter gute Infrastruktur ermöglicht es, sehr schnell die Innenstädte zu erreichen. Nachteile gibt es kaum, die Vorteile überwiegen, weil das Angebot so gering und die Nachfrage so hoch ist."
Investoren, die eine Kapitalanlage suchen, rät Bauer, nicht emotional an die Sache heranzugehen. Entscheidend sei zum Beispiel nicht, ob man sich vorstellen kann, selber in der Immobilie zu wohnen: "Es muss nicht gefallen, es muss funktionieren. Habe ich dort Nachfrage? Wie ist der Zustand? Sind die Protokolle sauber? Wie ist auch der Kaufpreis im Verhältnis zur Miete? Diese Fragen muss man sich stellen, also wirklich rational an die Sache rangehen."
Die Nachfrage steigt wieder
Die Preise schienen sich auf dem jetzt etwas niedrigeren Niveau zu stabilisieren - gerade in den großen Städten, sagt Christine Helbach vom Gutachterausschuss Immobilienwerte Frankfurt: "Durch den Zuzug von Personen sehen wir, dass der Markt wieder anzieht. Und die Verkaufszahlen steigen auch wieder."
Die Nachfrage ziehe wieder an, sagt Helbach. Deswegen gab es im letzten November auch eine Korrektur der Prognose für das laufende Jahr. Wurde damals noch ein Preisrückgang für Immobilien bundesweit um 2,8 Prozent erwartet, so sind es jetzt nur 1,7 Prozent. Das heißt, der Preisrückgang schwächt sich deutlich ab.