Glasfaser-Verträge als Haustürgeschäft Zweifelhafte Verkaufspraktiken schrecken Kunden ab
Immer mehr deutsche Haushalte werden an Glasfasernetze für schnelles Internet angeschlossen. Doch aufdringliche Verkäufer an der Haustür gefährden die Akzeptanz der neuen Technologie.
Bis 2030 soll der flächendeckende Glasfaserausbau nach dem Willen der Bundesregierung abgeschlossen sein - so steht es in der sogenannten Gigabitstrategie. Eine Riesenaufgabe, denn deutschlandweit gibt es rund 41 Millionen Haushalte. Und laut dem Jahresbericht 2022 der Bundesnetzagentur gab es Ende 2022 zwar 13,1 Millionen Glasfaseranschlüsse, aber die Anzahl der gebuchten Anschlüsse lag nur bei 3,4 Millionen. Somit wurden etwa 15 Prozent der Haushalte per Glasfaser mit schnellem Internet versorgt.
Bei den Vertragsabschlüssen spielt der Haustürvertrieb eine zentrale Rolle: Laut dem Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) werden mehr als 75 Prozent der Verträge an der Haustür abgeschlossen. Ein lohnendes Geschäft, besonders in Zeiten des Glasfaserausbaus. Große Unternehmen wie Telekom, Vodafone, Deutsche Glasfaser oder verschiedene regionale Anbieter treiben den Ausbau voran.
Beschwerden über "Drückerkolonnen"
Doch Haustürgeschäfte haben einen schlechten Ruf. In den Sozialen Medien lassen sich viele Beschwerden über die Verkaufstaktiken der verschiedenen Telekommunikationsunternehmen finden. Dabei taucht auch der Name Telekom auf. Aus Flensburg zum Beispiel heißt es, dass "ein angeblicher Vertreter der Telekom extrem aufdringlich und überrumpelnd Glasfaserverträge abschließen will" und "einen verbal bedrängt und unbedingt in die Wohnung will". Auch in anderen Städten, so ist zu lesen, würden Vertreter "Druck machen und nicht die Wahrheit erzählen". Anwohner aus Flensburg berichten der NDR-Sendung Panorama 3 "von reinen Drückerkolonnen", es gehe dabei "nicht um den Kunden".
Die Taktik ist offenbar Überrumpelung. Sind es unlautere Vertriebspraktiken? Ein Insider, der als Vertreter im Auftrag der Telekom für ein Subunternehmen gearbeitet hat, berichtet dem NDR, der Job lohne sich nicht, wenn man die Wahrheit sagen würde. Es gehe eigentlich nur darum, den Leuten einen möglichst teuren Vertrag zu verkaufen - so bekomme man eine hohe Provision. Als Vertreter trage man normale Telekom-Kleidung oder habe einen Schlüsselbund mit Logo, erzählt er weiter. "So denken die Kunden, man käme von der Telekom." Eigentlich arbeite man aber für ein Subunternehmen.
Es gibt von der Telekom autorisierte Vertriebspartner wie zum Beispiel die Firma Ranger. Die wiederum beschäftige weitere Subunternehmen. Wenn man mit dem Job angefangen habe, könne man nach einigen Monaten selber Leute ausbilden. Dann steige man höher auf, später bildeten auch die eigenen Leute wieder Vertreter aus, und man steige noch höher auf - es sei ein umgekehrtes Schneeballsystem. Je mehr Leute für einen arbeiteten, desto mehr Geld verdiene man durch Provisionen.
Telekom und Subunternehmen weisen Vorwürfe zurück
Die Telekom antwortet auf Nachfrage, Vertriebskräfte müssten mindestens zehn Pflichttrainings zu Produkten und Diensten der Telekom durchlaufen, bevor sie in ihrem Auftrag tätig werden dürften. Es gelte ein freiwilliger Verhaltenskodex des Branchenverbandes VATM, dazu kämen eigene Vorgaben für die Mitarbeiter des Direktvertriebs. Es werde regelmäßig kontrolliert, Beanstandungen gehen man gezielt nach.
Im Fall der Beschwerden in Flensburg habe man die Mitarbeiter intensiv nachgeschult. Komme es weiterhin zu Beschwerden, hätte dies personalrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen, Konventionalstrafen und Kündigung zur Folge.
Das Vertriebsunternehmen Ranger ist seit 2003 autorisierter Partner der Telekom. Auf Nachfrage verweist die Firma auf eine über 19-jährige Zusammenarbeit mit der Telekom und deren Verhaltensregeln. Anhand von Qualitätsparametern werde die Einhaltung der Vermarktungsregeln überprüft, heißt es von dem Unternehmen. Auf Kundenzufriedenheit lege man großen Wert. Bei Reklamationen gebe es Nachschulungen.
Haustürgeschäfte nur bei vorheriger Einwilligung?
Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung steht zwar: "Den Schutz vor unseriösen Haustürgeschäften verbessern wir". Doch wie das genau aussehen soll, wird nicht weiter ausgeführt. Felix Methmann von der Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin sieht dringend Handlungsbedarf, um Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Überrumpelungsgeschäften an der Haustür zu schützen. Er fordert eine Verlängerung der Widerrufsfrist von aktuell 14 Tagen auf 30 Tage. Gesetzlich festgeschrieben werden müssten ein Branchenkodex und eine schriftliche Vorab-Einwilligung des Verbrauchers zu einem Haustürgeschäft.
Vom Verbrauchrschutzministerium heißt es auf Nachfrage, dass man sich über eine mögliche Verlängerung der Widerrufsfrist derzeit im Austausch mit dem federführenden Bundesjustizministerium befinde. Man werde das Thema voraussichtlich im Rahmen der nächsten Verbraucherschutzministerkonferenz ansprechen. Zur Forderung nach einer gesetzlichen Pflicht, für Haustürgeschäfte im Voraus eine schriftliche Einwilligung einholen, teilt das Justizministerium mit, man sehe hier schwierige europarechtliche Fragen. Diese müssten vorab geprüft werden.