Arbeit in Schlachtbetrieben "Darf mir das jetzt Spaß machen?"
Oft verdrängen Fleischkonsumenten, dass Tiere für ihre Nahrung getötet und zerlegt werden. Beschäftigte in Schlachtbetrieben dagegen können den Tod kaum ausblenden, wie eine ARD-Doku zeigt.
Auf eine Reise hinter die Fassaden von Schlachtbetrieben nimmt der ARD-Dokumentarfilm "Wir und das Tier" von Grimme-Preisträger David Spaeth die Zuschauerinnen und Zuschauer mit. Er stellt Menschen vor, die Tiere schlachten und sie gleichzeitig lieben und respektieren. Er zeigt auch mögliche Zukunftsszenarien auf.
Die Widersprüche des Schlachtens
Die Reportage geht zu denen, die am Anfang der Kette stehen - zu jenen, die das Schlachten übernehmen: eine junge Auszubildende, ihr Meister und zwei weitere Schlachter. Der Film zeigt die Widersprüche ihrer Arbeit und wie sie damit umgehen. Einerseits macht ihnen der Job Spaß, er erfüllt sie und sie verstehen die Relevanz.
"Und egal, ob beim Rasieren oder beim Ausnehmen - wenn das funktioniert und du kannst es irgendwie mittlerweile einigermaßen gut", sagt etwa Amelie, Azubi im Schlachtbetrieb, "dann denkt man sich: Das macht mir jetzt Spaß. Und dann denkt man sich irgendwie: Darf mir das jetzt Spaß machen oder darf das jetzt keinen Spaß machen?"
Andererseits fällt ihnen die Arbeit nicht immer leicht. Der Job ist körperlich anstrengend und auch psychisch belastend.
Keine einfachen Arbeitsbedingungen
Der Schlachter Ionel, der im größten Rinderschlachtbetrieb Europas arbeitet, beschreibt, wie er manchmal sogar die Augen schließt beim Tötungsprozess. Sein Arbeitsplatz ist der sogenannte "Schießstand”, täglich laufen mehrere hundert Rindern durch seine Box. Er macht seine Arbeit gut, wenn die Tiere möglichst regungslos herausfallen.
Manchmal streichelt er eine Kuh, um ihr ein gutes Gefühl zu geben. "Man kann sie am Rücken streicheln und mit ihr spielen. Oder sie leckt deine Hand ab. Das beruhigt sie, bevor sie dann erschossen wird", sagt Ionel. Nach seiner Schicht geht er nach Hause und versucht, die Arbeit aus seinem Kopf zu verbannen.
Auch nach 40 Jahren Erfahrung als Schlachter, so empfindet es Jürgen, Leiter einer Bio-Fleischproduktion in Bayern, werde die Arbeit nicht leichter. Es falle ihm "eigentlich immer schwerer, das zu machen". Ihm ist bewusst, dass Fleischkonsum heutzutage immer mehr in der Kritik steht.
Von Hand geschlachtet oder mit Robotern?
Wie sieht die Zukunft des Schlachtens aus? Wissenschaftler der Universität für Umwelt und Biowissenschaften aus Ås in Norwegen forschen an einem modernen Schlachtroboter. Ihr Ziel ist es, ein vollautomatisches System für die industrielle Zerlegung von Schweinen zu entwickeln.
Schweinekörper werden hierfür in ein massives Metallgerüst eingespannt. Roboterarme umkreisen den Tierkörper, mithilfe von Künstlicher Intelligenz wird gerechnet und dann aufgeschnitten. Noch passieren Fehler, die Technik ist nicht vollständig erforscht. Die Schwierigkeit für den Roboter sind die natürlichen Unterschiede der Tiere: die Gelenke, die Muskeln und die Fettverteilung.
Moralische und emotionale Facetten
Die Forschung wirft Fragen auf: Werden in absehbarer Zukunft Maschinen das Töten erledigen? Wird sich der Arbeitsplatz dahingehend verändern, dass Tiere keinem Menschen mehr begegnen? Und werden Menschen dann die Verantwortung los?
Bisher sei es in der Gesellschaft "absolut okay gewesen", Fleisch zu essen, sagt die Fleischerin Elisabeth. "Wir haben eine breite Mehrheit, die halt Fleisch isst, und das Fleisch muss halt auf irgendeine Art und Weise hergestellt werden, wenn die Gesellschaft es okay findet, es zu essen."
Und trotzdem fragen sich die Beschäftigten im Schlachtbetrieb, ob das, was sie täglich machen, das Richtige ist. Sie diskutieren damit stellvertretend für Fleischkonsumenten die moralischen und emotionalen Facetten des Schlachtprozesses.
Zwar wird in Deutschland immer weniger Fleisch gegessen, weltweit jedoch steigen die Zahlen. Der Beruf des Fleischers, egal in welcher Form, dürfte erhalten bleiben.